90PLUS
·17. September 2024
90PLUS
·17. September 2024
Auch in dieser Saison wollen wir euch regelmäßig über die Geschehnisse im Abstiegskampf der Premier League auf dem Laufenden halten. Im ersten Teil der diesjährigen Reihe wollten wir euch eigentlich erst einmal einen groben Überblick geben. Doch es scheint, als würde sich der Abstiegskampf bereits früh auf fünf Mannschaften konzentrieren.
Die Toffees haben den schlimmstmöglichen Saisonstart hingelegt. Null Punkte aus vier Spielen wären schon schlimm genug, doch die Art und Weise macht es noch dramatischer. Nicht nur einmal, sondern gleich zweimal verspielte das Team aus Liverpool eine Zwei-Tore-Führung. Vor allem die Niederlage zu Hause gegen Bournemouth tat richtig weh. Denn nach 86 Minuten führte man noch mit 2:0. Danach brach Everton komplett ein. Hätte das Team von Sean Dyche dieses Spiel gewonnen, wäre der Saisonstart gar nicht so schlecht gewesen. Schließlich hatte man eines der härtesten Auftaktprogramme. Drei der vier Gegner machen sich berechtigte Hoffnungen auf Europa, auch Bournemouth möchte die obere Tabellenhälfte angreifen. Und so wären drei Punkte absolut im erwartbaren Bereich gewesen. Doch nun läuft man bereits früh der Musik hinterher.
Nicht wirklich hilft dabei, dass Everton in der Abwehr auf seine beiden wohl wichtigsten Spieler verzichten muss. Rechtsverteidiger Nathan Patterson fehlt mit einer Oberschenkelverletzung, deshalb mussten bisher die beiden eigentlich nicht mehr erstligatauglichen Ashley Young und Seamus Coleman auf dieser Position verteidigen. Noch schwerer wiegt der Ausfall von Jarrad Branthwaite. Der junge Engländer war letzte Saison einer der besten Innenverteidiger der Liga, spielte sich in den Dunstkreis der Nationalmannschaft und es gab einige sehr hohe Angebote von Topteams im Sommer. Branthwaite blieb und sollte die Abwehr erneut auf ein hohes Niveau heben (letzte Saison hatte Everton die viertbeste Abwehr der Liga), fällt aufgrund einer Leisten-OP jedoch noch aus. Ende September sollten Patterson und Branthwaite wieder dabei sein, was der bisher so löchrigen Defensive (13 Gegentore in vier Spielen) deutlich Stabilität verleihen wird.
Das zweite etablierte Team, das schlecht in die Saison gestartet ist sind die Wolverhampton Wanderers. Auch hier kann man den Start ein Stückweit auf das Auftaktprogramm schieben, denn auch die Wolves haben bereits gegen drei Europa-Anwärter gespielt. Dennoch ist ein Punkt aus vier Spielen eine schwache Ausbeute. Hier kann man die Ergebnisse – im Gegensatz zu Everton – zudem nicht wirklich auf Verletzungen schieben. Zwar kamen die beiden wichtigen Neuzugänge Andre (Mittelfeldspieler von Fluminense) und Sam Johnstone (Torhüter von Crystal Palace) erst kurze vor Transferende, ansonsten waren man die wichtigen Spieler jedoch durchgehend verfügbar.
Der Hauptgrund, warum es für die Wolves noch nicht läuft und warum man diese Saison wohl im Abstiegskampf stecken wird ist, dass der Kader über die letzten Jahre sukzessive an Qualität verloren hat. Die chinesischen Besitzer haben nur noch wenig Interesse am Verein und stecken kaum noch Ressourcen hinein. Alleine in den letzten beiden Transfersommer wurden mit Matheus Nunes (zu Manchester City), Ruben Neves (zu Al-Hilal), Joao Moutinho (nach Braga), Pedro Neto (zu Chelsea) und Max Kilman (zu West Ham) fünf der individuell besten Spieler abgegeben. Wirklich ersetzt wurde davon niemand, Andre kann als verspäteter Neves-Nachfolger gewertet werden, aber auch bei diesem Tausch verlor man an Qualität.
Und so ist man von einem Team, das nach dem Aufstieg 2018 zweimal in Folge Siebter wurde und so aussah, als könne man aus der Big 6 eine Top 7 machen, eines der individuell schwächsten Teams der Liga geworden. Das einzige Plus im Abstiegskampf könnte Gary O’Neil sein. Der Trainer hat bereits die letzten beiden Jahre – erst in Bournemouth, dann in Wolverhampton – gezeigt, dass er eine Mannschaft formen kann, die mehr ist als die Summe ihrer Teile.
Neben den Wolves und Everton sind traditionell vor allem die drei Aufsteiger am meisten gefährdet, am Ende der Saison den Gang in die Championship antreten zu müssen. Den schlechtesten Saisonstart der drei hatte dabei Southampton. Die Saints sind spielerisch zwar eine der besten Mannschaften der Liga, haben den drittmeisten Ballbesitz und die zweitbeste Passquote, doch es kommt einfach zu wenig heraus. Erst ein Tor und noch kein Punkt stehen zubuche. Individuell ist Southampton nach vorne einfach zu schwach. Das könnte sich im Laufe der Saison etwas ändern, wenn zum einen die Neuzugänge Adam Lallana und Maxwel Cornet voll integriert sind, und zum anderen die Offensivtalente Cameron Archer und das 18-jährige Eigengewächs Tyler Dibling den nächsten Schritt gehen. Dieser wird aber auch nötig sein, wollen die Saints eine Chance auf den Klassenerhalt haben.
Das genaue Gegenteil der Saints sind die Foxes aus Leicester. Vor allem durch den Trainerwechsel im Sommer von Enzo Maresca, der zu Chelsea abgewandert ist, hin zu Steve Cooper wurde die Spielweise deutlich defensiver. Nur 41,3% Ballbesitz bedeutet Platz 18 in dieser Statistik. Das funktioniert bisher aber recht gut. Es stehen zwar erst zwei Punkte auf der Habenseite, aber gegen Crystal Palace im letzten Spiel hätte Leicester zwingend gewinnen müssen. Lange Zeit führte man, ehe ein Elfmeter in der Nachspielzeit zum 2:2 führte. Kann man diese unangenehme Spielweise beibehalten, wovon bei etlichen im Abstiegskampf erfahrenen Spielern auszugehen ist, sollte Leicester bis zum Saisonende zumindest in Schlagdistanz zu den Nichtabstiegsplätzen sein. Gerade, da die Foxes unlängst einen Prozess gegen den Verband gewonnen haben und erst einmal keinen Punktabzug aufgrund von PSR-Vergehen zu befürchten haben.
(Photo by Henry Browne/Getty Images)
Besser als erwartet ist die Mannschaft in die Saison gestartet, die vor zwei Jahren noch in Liga 3 war. Ipswich holte trotz eines schweren Programms (u.a. gegen Liverpool und Manchester City) gute zwei Punkte, wodurch die Blues aktuell über dem Soll sind. Das liegt zum einen daran, dass Trainer Kieran McKenna seine Taktik sehr gut angepasst hat. Im Aufstiegsjahr spielte man in einer Dreierkette sehr flankenlastig, nun agiert Ipswich mit Viererkette und mehr über Konter durch das Zentrum. Zum anderen hat man sich in Arijanet Muric einen der unterschätztesten Torhüter überhaupt geholt. Der Kosovare kam aus Burnley, wo er im Saisonendspurt den Posten zwischen den Pfosten vom englischen U21-Keeper James Trafford übernommen hatte und Burnley beinahe noch zum Klassenerhalt geführt hätte. Und auch bei Ipswich begann Muric stark. Den Punkt in Brighton verdankt der Verein quasi ausschließlich ihm. Macht er so weiter, kann er zum X-Faktor im Abstiegskampf werden.
(Photo by DARREN STAPLES/AFP via Getty Images)