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Lennard Bacher·3. März 2025
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Lennard Bacher·3. März 2025
Es gibt gewisse Szenarien nach dem Erwachen aus einem Traum, die wir alle kennen. "Ohje, hoffentlich ist das nicht wirklich passiert", denken wir panisch, wenn wir in einem Albtraum mal wieder nur in Boxershorts vor unseren Klassenkameraden standen, um einen Aufsatz über die gesammelten Werke von Friedrich Schiller zu präsentieren. "Hoffentlich habe ich das nicht nur geträumt", ist der erste Gedanke, wenn man aus einem Traum aufwacht, in dem man im Lotto gewonnen hat oder der erste Kuss mit der großen Liebe gefallen ist.
In den meisten Fällen folgt die Realisierung, dass das eben noch für wahrhaftig empfundene Szenario doch nur ein Traum war und wir stehen auf, gehen duschen, trinken einen Kaffee und vergessen unseren Traum mal schneller oder mal langsamer, ehe er in den meisten Fällen keinen weiteren Einfluss mehr auf unseren Alltag hat.
Diese Art, mit einer im Traum geschehenen Vision umzugehen, wählte Sharon Warnock in der Nacht vom 1. auf den 2. Februar 2010 nicht. Zum Glück von Crystal Palace. Die Frau des damaligen Cheftrainers, Neil Warnock, hatte von einer absurden taktischen Veränderung geträumt, die den Eagles am Ende einen Sieg bescheren sollte, der in die Geschichte des englischen Fußballs einging. Bitte was?
📸 Paul Gilham - 2008 Getty Images
Die im Tabellenkeller der Championship um den Klassenerhalt kämpfende Truppe von Crystal Palace empfing die Wolverhampton Wanderers, damals im unteren Mittelfeld der Premier League vertreten, zum Rückspiel im englischen FA-Cup. Trotz eines knappen 2:2-Unentschiedens im Hinspiel war vor der Partie klar, dass die Wolves als deutlicher Favorit in den Selhurst Park reisen würden.
Doch anstatt sich in bester Außenseiter-Manier auf eine kompakte Defensive zu verlassen und darauf zu hoffen, dass vorne einer reinfällt, kam Crystal-Palace-Coach Warnock mit den Worten "meine Frau Sharon hatte letzte Nacht einen Traum" in die Kabine. "Sie hat geträumt, dass unser Rechtsverteidiger Danny Butterfield das Siegtor schießen wird." Angesichts der Tatsache, dass die Eagles zu dieser Zeit ohnehin ein Stürmer-Problem hatten, war die Position sowieso nicht dauerhaft besetzt.
📸 Bryn Lennon - 2010 Getty Images
Und so war die Entscheidung zur Verwunderung des gesamten Kaders klar: Danny Butterfield muss heute in den Sturm. Auf das schallende Gelächter seiner Kicker antwortete der Trainer gefasst, dass er die Entscheidung absolut ernst meine.
Dieser taktische Kniff, der sowohl für die Fans als auch die Sportreporter so aussah, als sei Warnock kurzfristig dem Wahnsinn verfallen ging aber in einem Maße auf, dass beinahe Angst macht. In der 61., 65. und 68. Spielminute schnürte Butterfield den schnellsten Hattrick in der Vereinsgeschichte des Londoner Klubs und schoss seine Mannschaft wie selbstverständlich gegen die verdutzten Wolves eine Runde weiter.
📸 Phil Cole - 2010 Getty Images
Für den Rechtsverteidiger war es der Abend seines Lebens, für die Fans dieses eine Spiel, von dem du noch deinen Enkeln erzählst und für den Fußball ein zugleich kurioser und historischer Moment. Klar ist: Sollte Sharon Warnock mal von der Ölquelle im eigenen Garten träumen, dann werden sie und ihr Ehemann wohl keine Sekunde warten, sondern buddeln, was das Zeug hält.
📸 Phil Cole - 2010 Getty Images