Der perfekte Union-Trainer? Warum Baumgart eher die falsche Antwort ist | OneFootball

Ex-Kapitän, zweimal Union-Fußballer des Jahres, "der richtige Trainertyp für uns" laut Manager Horst Heldt. Neu-Coach Steffen Baumgart passt auf den ersten Blick nach Köpenick, wie das Stadion An der Alten Försterei. Guckt man genauer hin, drängt sich aber womöglich eine andere Prognose auf. Bahnt sich hier ein Desaster an?

Bo Svensson musste beim FCU kurz vor dem Jahreswechsel gehen, weil ihm eine "Trendumkehr" nicht mehr zugetraut wurde. Nach der Last-Minute-Rettung in der letzten Saison stecken die Eisernen aktuell wieder mitten im Abstiegskampf. Baumgart will deshalb "das Ding hier anzünden".

Seinen vorherigen Teams in Hamburg, Köln und Paderborn hat er mit seiner mitreißenden Art eine positiv-aggressive Spielweise eingeimpft. Das ist aber eine Sache, die Union nachweislich schon kann. Laufdistanz, intensive Läufe, gewonnene Zweikämpfe. Hier zählen die Ost-Berliner 2024/25 jeweils zu den Top-3-Mannschaften. Was fehlt, sind die Tore.

Das weiß natürlich auch Baumgart. "Ich bin bekannt dafür, dass es um Tore schießen geht", erklärte der 53-Jährige auf seiner Vorstellungs-PK. Wo er nur zum Teil recht hat. Zwar erzielte bis zu seiner Entlassung nach dem 13. Spieltag der zweiten Liga kein Konkurrent mehr Tore als der HSV in der laufenden Spielzeit.

📸 Cathrin Mueller - 2024 Getty Images

Als Baumgart kurz vor Weihnachten 2023 in Köln seine Schiebermütze nehmen musste, lag das vor allem aber an der mangelhaften Torausbeute. Magere zehn Treffer waren den Geißböcken bis dato gelungen - harmlosester Angriff der Liga.

Offensives Mittel der Wahl ist unter dem gebürtigen Rostocker dabei zumeist das Flankenspiel. Bei den hohen Hereingaben zählt der FCU bisher zum unteren Drittel der Liga. Aus einem einfachen Grund: Keiner ihrer Angreifer definiert sich über sein Kopfballspiel. Selbst der 1,91-Mann Jordan definiert sich eher über sein Tempo - wenn er denn spielt.

Auch defensiv fühlen sich Klub und Trainer mit unterschiedlichen Systemen wohl. Nach dem verheerenden Bjelica-Intermezzo kehrte Svensson zur Fünferkette zurück, die unter Vereins-Ikone Urs Fischer so erfolgreich praktiziert wurde. 19 Gegentore musste der FCU mit dem altbewährten System bis dato hinnehmen, nur die Bayern-Keeper griffen seltener hinter sich.

Baumgart erklärte dagegen, dass ihm "die Viererkette wichtig" ist. Auch hier hat er durchaus gute Gründe auf seiner Seite. Als er mit Paderborn zweimal hintereinander aufstieg oder Köln nach Europa führte, agierten seine Teams erfolgreich mit vier gelernten Defensivspielern. Zu Union passt dieses System offensichtlich aber nicht.

Gleichzeitig wurde die Fünferkette Baumgart zuletzt selber zum Verhängnis. Beim HSV ließ er sie spielen und setzte dazu auf Konter. Gegen tiefstehende Gegner fanden die Rothosen damit zu selten Lösungen und handelten sich empfindliche Pleiten ein. Die direkten Konkurrenten im Bundesliga-Tabellenkeller werden genau hingesehen haben.

Den FCU-Fans wird all das egal sein. Sie werden Baumgart mit offenen Armen empfangen. Doch auch ihr Kredit wird endlich sein. Der neue Übungsleiter war nach eigener Aussage anfangs selber "eher skeptisch". Es wäre für ihn schließlich nicht das erste Mal, dass er sich an einem "Match made in Heaven" verbrennt.

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