90min
·23. August 2023
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·23. August 2023
An herausragenden Leistungen mangelte es bei dieser Frauen-WM 2023 nicht: Spektakuläre Tore, Glanzparaden und feine Technik gab es zu bestaunen. Aber welche Spielerinnen ragten besonders heraus? Unsere Top-Elf des Turniers.
Vor Beginn der WM war die Nachfolge von Hedvig Lindahl noch nicht vollständig geklärt. Die Wahl fiel schließlich auf Zećira Mušović, die das ihr entgegengebrachte Vertrauen mehr als rechtfertigte. Schwedens Torfrau war durchweg sicher mit dem Ball am Fuß und auch das Zusammenspiel bzw. die Abstimmung mit der Viererkette vor ihr klappte hervorragend. Besonders dürfte allen Fans Mušovićs Leistung im Achtelfinale gegen die USA in Erinnerung geblieben sein. Während der regulären Spielzeit parierte sie insgesamt elf Torschüsse, womit sie einen neuen WM-Rekord aufstellte.
Ona Batlle und Olga Carmona waren das beste Außenverteidigungs-Duo bei dieser WM. Die beiden meisterten den Spagat aus offensiven Beteiligungen und defensiver Sicherheit mit Bravour. Batlle ist zwar nur 1,65 Meter groß, aber physisch trotzdem stark. Sie ist für ihre präzisen Flanken und ihren Offensivdrang bekannt, kombinierte immer wieder schön mit Bonmatí und Abelleira. Mit ihrer starken Technik und ihrer Übersicht ist Batlle ein Musterexemplar einer Barcelona-Spielerin. Diesen Sommer ist die 24-Jährige nach drei Jahren bei Manchester United zu ihrem Jugendklub nach Katalonien zurückgekehrt.
Amanda Ilestedt nach dem Sieg im Spiel um Platz 3 / Bradley Kanaris/GettyImages
Für die Innenverteidigerin wurde die WM in Teilen zum Kuriosum. Insgesamt konnte sie vier Tore für Schweden erzielen, eine eher ungewöhnliche Anzahl für eine Abwehrspielerin. Besonders bei Standardsituationen sorgte Ilestedt für Unruhe im gegnerischen Strafraum, sei es durch eigene Chancen oder Auflagen für ihre Mitspielerinnen. Auch ihre eigentlichen Aufgaben in der Abwehr erledigte die Schwedin problemlos und souverän. Einzig und allein bei den beiden Gegentreffern im Halbfinale gegen die späteren Weltmeisterinnen aus Spanien passte die Abstimmung in der Verteidigung um Ilestedt nicht zu 100 Prozent.
Die Abwehr der Lionesses war eine der stabilsten bei der WM. Besonders Alex Greenwood strahlte in der Innenverteidigung, wo sie äußerst gut mit Team-Kapitänin Millie Bright harmonierte, große Ruhe und Souveränität aus. Sie war entscheidend am Spielaufbau Englands beteiligt, spielte raumöffnende, teils lange Pässe nach vorne und verlagerte so das Spiel Richtung Angriffsdrittel. In 1v1-Situationen zeigte sich Greenwood robust und entscheidungssicher, Fehler unterliefen der erfahrenen Verteidigerin dabei kaum.
Olga ist nicht nur eine solide Linksverteidigerin, sondern auch Anführerin und Torschützin. Mit nur 23 Jahren trug sie bereits die Kapitänsbinde im WM-Finale und schoss La Roja zum Sieg gegen England. Ihr satter Schuss zum 1:0 war nicht Olgas erster Treffer bei dem Turnier, auch gegen Schweden netzte sie zum 2:1 ein. Wichtiger hätten ihre beiden Treffer nicht sein können, und sie kamen nicht zufällig zustande - Olga schaltete sich auch aus dem Spiel heraus oft in der Offensive ein. Sie lenkte zusammen mit Bonmatí und Teresa Abelleira das Geschehen und hatte im Finale mit weitem Abstand die meisten Ballkontakte (102).
Stets aufmerksam im Mittelfeld: Katrina Gorry / Visionhaus/GettyImages
Katrina Gorry galt bereits früh als großes Talent, 2014 wurde sie als Asiens Fußballspielerin des Jahres ausgezeichnet. Danach nahm ihre Karriere aber einen anderen Verlauf als erwartet: Gorry litt unter Verletzungen und einer Essstörung. Sie verabschiedete sich von dem Gedanken einer großen Karriere, bekam ein Kind - und kehrte danach besser als je zuvor auf den Platz zurück. Bei der WM kontrollierte Gorry im defensiven Mittelfeld alles, riss ganze 76,4 Kilometer ab und hatte von allen Spielerinnen die meisten Tacklings. Die 31-Jährige wirkt mit 1,55 Metern nicht wie prädestiniert für defensive Aufgaben, aber sie gewann viele Zweikämpfe und Bälle. Dazu einige schöne Pässe - Gorry verkörperte mit ihrem Einsatz und ihrem Können genau das, was Australien an den Matildas liebte.
Die Schwedin kann durchaus als eine der "Unsung heroines" des Turniers bezeichnet werden. Im zentralen Mittelfeld agierte sie auf der Position des defensiven Sechsers, sorgte dort für Stabilität und Absicherung in beide Richtungen. Rubensson war im Zentrum eigentlich überall zu finden, mal als Abräumerin vor der Defensivreihe oder als Schnittstelle zur Offensive. Über sie liefen fast alle Spielzüge Schwedens, wie beispielsweise die blitzartigen Konter des Teams: Rubensson eroberte den Ball, den sie dann direkt an ihre Mitspielerinnen weiterspielte, um ihn möglichst schnell vor das gegnerische Tor zu bringen.
Aitana Bonmatí wurde als beste Spielerin ausgezeichnet / Eurasia Sport Images/GettyImages
Der Golden Ball, die Auszeichnung als beste Spielerin der WM, ging nicht grundlos an Aitana Bonmatí. Sie hatte in ihrer Rolle im Mittelfeld einen zentralen Anteil daran, dass Spanien am 20. August das Turnier für sich entscheiden konnte. Bonmatí ist die Schlüsselspielerin des Teams im Zentrum, bestimmt von dort aus das Tempo der Partie, kreiert zahlreiche Torchancen oder netzt den Ball nach klugen Läufen in den Strafraum selbst ein. Spielverständnis und -intelligenz sind dabei herausragend und suchen ihresgleichen. Als Taktgeberin und kreativer Fixpunkt der spanischen Nationalmannschaft war sie für diese bei der WM unverzichtbar.
Lauren Hemp gilt schon seit Jahren als hochveranlagte Flügelspielerin. Eigentlich sollte die EM im letzten Jahr zu ihrem Durchbruch werden, aber Hemp zeigte unter dem Druck eher mittelmäßige Leistungen. Seitdem hat die Spielerin von Manchester City einen großen Schritt nach vorne gemacht. Hemp ist eine reifere und komplettere Spielerin geworden, trifft öfter die richtige Entscheidung. Bestes Beispiel dafür war das Halbfinale gegen Australien, wo sie zusammen mit Alessia Russo nach Lust und Laune kombinierte. Bei der Chancenverwertung hat die 23-Jährige aber noch Luft nach oben, wie das Finale auch zeigte.
Torschützenkönigen Hinata Miyazawa / Visionhaus/GettyImages
Hinata Miyazawa zählt zu den Überraschungen der WM: Vor dem Turnier hatten die 23-Jährige wohl nur die absoluten Japan-Experten auf dem Zettel. Miyazawa hatte erst vier Tore für Nadeshiko erzielt, auf sie hätte wohl niemand als Torschützenkönigin gewettet. Und doch hat sie trotz Japans Viertelfinal-Aus den Goldenen Schuh gewonnen. Das ist vor allem ihrer gnadenlosen Effizienz geschuldet: Aus einem Expected-Goals-Wert von 2,45 machte sie fünf Treffer. Miyazawa ist mit ihrer Schnelligkeit und ihrer Stärke im Eins-gegen-Eins eine perfekte Spielerin für das Kontern. Zudem kreierte sie noch sechs Chancen und hatte eine Passgenauigkeit von 81% - für eine Stürmerin ein unglaublich starker Wert. Keine Frage, dass die großen Klubs aus den USA und Europa nun anklopfen.
Die Nachrichten über die Matildas waren bei den ersten Spielen von einem Namen dominiert: Sam Kerr. Australiens Star-Stürmerin hatte sich vor dem ersten Gruppenspiel verletzt und fiel für die komplette Vorrunde aus. Aber den Ausfall kompensierten die Australierinnen beeindruckend im Kollektiv. Die 20-jährige Mary Fowler zeigte starke Leistungen im offensiven Mittelfeld, Hayley Raso stiftete stets Chaos in der gegnerischen Defensive. Vielleicht am wichtigsten war aber Caitlin Foord, die wegen ihrer Dribbel-Künste und Flanken oft auf dem linken Flügel gesucht wurde. Gerade im entscheidenden Gruppenspiel gegen Kanada waren die Verlagerungen auf Foord der Schlüssel zum Erfolg. Danach waren die Gegnerinnen gewarnt und Foord etwas weniger auffällig, aber die Arsenal-Spielerin blieb eine wichtige Akteurin in der australischen Offensive.