90PLUS
·14. Mai 2025
„Finalmente“: Carlo Ancelotti soll Brasiliens Erlöser werden

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·14. Mai 2025
Carlo Ancelotti war schon mal hautnah dabei, als Brasilien Weltmeister wurde. Beim ikonischen Elfmeter-Fehlschuss von Roberto Baggio im WM-Finale 1994 litt er als Co-Trainer von Arrigo Sacchi mit – und er stürzte mit ganz Italien ins Tal der Tränen. 2026 soll er auf der Seite der Sieger stehen: wieder beim WM-Finale, wieder in den USA. Als Erlöser der Selecao.
Am Dienstagmittag spazierte Ancelotti noch vom Trainingsplatz bei Real Madrid in den proppevollen Pressekonferenz-Raum, Rio de Janeiro war fern. Nur kurz packte ihn die Wehmut, er sprach über „unvergessliche Nächte“ im Estadio Bernabéu und das Ende eines „spektakulären Abenteuers“: „Hätte man mir gesagt, dass ich elf Titel in vier Jahren gewinnen würde, hätte ich das mit meinem Blut unterschrieben.“ Nun beginne eine neue Herausforderung, er sei damit „sehr glücklich“.
Dem betörenden Lobgesang des brasilianischen Fußball-Verbandes war der frühere Bayern-Trainer nach zweieinhalb langen Jahren des Werbens erlegen. „Finalmente“, endlich, jubelte der große Romario, der seinen Elfmeter in besagtem Finale verwandelt hatte. „Viel Glück“, schob er hinterher.
2026 in den USA, Kanada und Mexiko liegt Brasiliens letzter WM-Triumph mal wieder 24 Jahre zurück. Wie schon 1994, als Romario, heute 59, mit fünf Turniertoren zum „Tetra“-Helden wurde. „Ich bin sicher, dass er unseren Fußball umkrempeln wird“, sagte er bereits im Vorfeld von Ancelottis Verpflichtung.
Er meinte damit nicht allein die taumelnde Mannschaft, die 2014 zu Hause von Deutschland vorgeführt wurde (1:7), danach zweimal im Viertelfinale rausflog. Klarer wurde Ronaldo, als Torschützenkönig verantwortlich für den bisher letzten Titel 2002. „Wir haben noch die Besten der Welt, Vinicius junior, Raphinha, aber wir durchleben ein strukturelles Führungsproblem im Verband, das sich auf das Team niederschlägt“, urteilte der 48-Jährige.
Noch in der Vorwoche machte in Brasiliens Medien die Kunde die Runde, dass Ancelotti eine renommierte Anwaltskanzlei in Rio de Janeiro beauftragt hatte, ein Auge auf die prekäre Lage des gerade unter zwielichtigen Umständen wiedergewählten CBF-Präsidenten Ednaldo Rodrigues zu werfen.
Dass Rodrigues ausgerechnet wenige Stunden vor einer Gerichtsanhörung, die seine Rechtmäßigkeit als CBF-Boss infrage stellen könnte, die Einigung mit dem Italiener im Alleingang verkündete, ist sicher Thema für die nächsten Tage und Wochen. Real hat sich noch gar nicht geäußert.
Fakt ist: Um 10.53 Uhr Ortszeit stand es am Montag offiziell auf der CBF-Homepage, die daraufhin unter der Masse der Zugriffe zusammenbrach. Oder unter der Titellast des neuen Coaches? Fünf Champions-League-Triumphe, Meister in den fünf großen Ligen Europas, darunter die Bundesliga-Schale 2017 mit dem FC Bayern. Mehr hat keiner auf dem Ruhmesblatt, auf das noch der „Hexa“, die sechste WM-Krone Brasiliens, soll.
Ancelotti hat den neuen Job längst angetreten, ein lockeres Telefonat mit Neymar geführt, das Comeback seines „Schülers“ Casemiro eingeleitet. Am Mittwoch bekommt der erste ausländische Trainer Brasiliens Besuch von den Selecao-Managern Rodrigo Caetano und Juan, einst Abwehrchef bei Bayer Leverkusen. Der Kader für die nächsten WM-Qualifikationsspiele muss nominiert werden.
Ancelotti wird dann in einem Luxus-Apartment unterm Zuckerhut wohnen, mit einem gepanzerten Auto in der Garage und einem Privatjet, jederzeit startklar. Dazu zehn Millionen Euro für die Zeit bis zur WM – plus fünf Millionen beim Finalsieg. Er hat ja schon live gesehen, was dann los ist. (SID)