DFB
·9. Mai 2025
Groß als Spieler, groß als Trainer: Welt- und Europameister Jupp Heynckes wird 80

DFB
·9. Mai 2025
In den Siebzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts war die Bundesliga zwar immer spannend, doch die Frage nach dem Meister reduzierte sich fast immer auf "FC Bayern München oder Borussia Mönchengladbach?" Bis 1977 kam der Meister aus einer dieser beiden Städte, die sich auch deshalb so lange an der Spitze hielten, weil sie ihre Stars an sich banden. Keiner der großen Bayern-Stars spielte je für Gladbach - und umgekehrt. Dass es ein Mensch geschafft hat, dennoch Kult bei beiden einst so rivalisierenden Vereinen zu werden und man ernstlich überlegen muss, wem er denn mehr gegeben hat, ist erstaunlich. Dieses Kunststück gelang Josef "Jupp" Heynckes, der heute 80 Jahre jung wird. DFB.de gratuliert DFB.de gratuliert einem der ganz Großen des deutschen Fußballs.
Alt könnte man auch sagen, aber es fällt schwer, wenn man ihn so sieht und hört. Dem Kicker erzählte er jüngst von seinen regen Aktivitäten - trotz einer Herzoperation im Herbst 2022: "Der Körper ist wie ein Motor, der geölt werden muss. Deshalb absolviere ich täglich meinen Schwimmparcours, bin dreimal die Woche in meinem Fitnessraum und mache Gymnastik oder strample auf dem Fahrradergometer. Langeweile kenne ich nicht."
Dem Ball hechelt Heynckes zwar schon seit 1978 nicht mehr hinterher, als er sich mit dem torreichsten Spiel seiner Karriere (fünf Treffer beim 12:0 gegen Borussia Dortmund) aus dem Aktivenstand verabschiedete. In den Annalen standen 369 Bundesligaspiele für seine Borussia und Hannover 96 bei 220 Toren. Das sind noch immer die viertmeisten, 1974 (mit Gerd Müller) und 1975 gewann er sogar die Torjägerkanone. Für Deutschland spielte er 39-mal, schoss 14 Tore und stand in der großen Europameisterelf von 1972.
Auch den Weltmeistern von 1974 gehörte er an. Nach zwei Vorrundeneinsätzen warf ihn eine Verletzung zurück, und beim Finale gegen die Niederlande vergaß sein Vertreter Bernd Hölzenbein die Absprache, sich für ihn auswechseln zu lassen. "Das war die größte Enttäuschung meines Lebens", sagte Heynckes noch Jahrzehnte später. Immerhin: "Ich fühle mich als Weltmeister."
UEFA-Cup-Sieger (1975) wurde er noch, bei vier der fünf Gladbacher Meisterschaften und dem DFB-Pokalsieg 1973 war er dabei. Im Vordergrund stand er selten, so lange ein Günter Netzer da war sowieso nicht. Selbst seine gigantische Torproduktion erregte in Zeiten eines Gerd Müller, Dieter Müller oder Klaus Fischer nicht das Aufsehen, das sie heute bekäme. Er war nur einer von mehreren.
Sein "Pech": Es hat - im Gegensatz etwa zu Müller (WM-Finale 1974), Netzer (Pokalfinale 1973) oder Fischer (Tor des Jahrhunderts 1977) - nie ein typisches "Heynckes-Tor" gegeben, von dem noch Jahre lang gesprochen wurde. Nicht in der Nationalmannschaft und nicht im Verein. Im UEFA-Cup-Finale 1975 beim 5:1 gegen Twente Enschede erzielte Heynckes zwar drei Tore, aber welches war das entscheidende? Und wer hat es gesehen in einer anderen Medienzeit? Tor des Monats, Tor des Jahres? Diese Plaketten finden sich nicht im proppenvollen Trophäenschrank von Jupp Heynckes, der auffällig unauffällig durch seine große Karriere kam.
Für seine Trainerzeit, die er schon 1978 als Assistent von Udo Lattek am Bökelberg begann, galt das wahrlich nicht. Sie war voller Kapriolen und großer Erfolge - und skandalfrei. Am Bökelberg (1979 bis 1987) kam kein Titel mehr dazu, 1984 fehlten nur ein paar Tore zur Schale. Die war ihm erst in München vergönnt, wo er viermal (!) wirkte. Zuerst von 1987 bis 1991, als Heynckes seine ersten Meisterschaften als Trainer holte (1989 und 1990). Bei Eintracht Frankfurt hatten sie 1994 zwar diesen Anspruch, aber nicht die Spieler dafür - Heynckes resignierte nach zehn Monaten Theaterdonner am Main und trat zurück.
Er ging wie schon 1992 - damals zu Athletic Bilbao - wieder nach Spanien und gewann mit Real Madrid 1998 sogar die Champions League. Um noch auf dem Bankett entlassen zu werden, denn Meister war er ja nicht geworden...
2003 folgte der Rheinländer dem Lockruf von Schalke 04. Nach einem Jahr war er Manager Rudi Assauer nicht mehr modern genug, man trennte sich. 2006 kehrte Heynckes zu seiner alten Liebe zurück, doch die Borussia hatte nicht mehr viel gemein mit der aus seiner Zeit. Zwar spielte sie nun in einem hochmodernen neuen Stadion, aber auf dem Platz sah sie oft alt aus. Im Januar 2007 trat Heynckes stilvoll und ohne finanzielle Forderungen zurück.
Vernünftig, mit 61 kann man auch mal in die verdiente Rente gehen, dachten alle - und irrten kolossal. Für Heynckes war auf seinem Weg zum Rekordmann der Bundesliga - er absolvierte sagenhafte 1038 Spiele als Spieler und Trainer - noch lange nicht Schluss. 2009 rettete er die Saison der Bayern nach einem Hilferuf seines Freundes Uli Hoeneß und führte sie noch in die Champions League.
Es folgten zwei gute Jahre in Leverkusen und die zweite Rückkehr nach München, wo er im zweiten Jahr das erste Triple im deutschen Fußball zustande brachte: 2013 wurden die Bayern Meister, Pokalsieger und gewannen im deutschen Finale von Wembley gegen Borussia Dortmund die Champions League nach tragisch verlorenem "Finale dahoam" im Vorjahr. Es war der ideale Abgang, eigentlich.
Aber als Uli Hoeneß im September 2017 noch mal rief, sprang Jupp Heynckes mit 72 wieder mal ein und holte seine achte Meisterschale. "Du bist ein Freund, für den ich durch dick und dünn gehen würde", würdigte ihn Hoeneß nun zu seinem Ehrentag. Seine Borussia widmete Heynckes gar eine Sonderausstellung im Vereinsmuseum, die ihn begeisterte. Warum auch nicht beim Rückblick auf eine Zeit, die ihm außer Titeln auch Freunde fürs Leben brachte. "Ich bereue nichts", hat Jupp Heynckes dieser Tage gesagt.
Live