Vertikalpass
·26. Januar 2025
Vertikalpass
·26. Januar 2025
Der VfB ist in Mainz weder geistig noch körperlich frisch und lässt sich folgerichtig von den 05ern frisch machen. “Heute war nicht unser Tag“, meine Deniz Undav nach der verdienten Niederlage. Woran lag’s?
Ein Spiel in Mainz ist eklig. Das ist nicht überraschend, das wussten alle vorher. Trotzdem schien der VfB nicht darauf vorbereitet zu sein, war mit der Intensität und Leidenschaft der 05er überfordert. Nicht von Anfang an, da hatten die Brustringträger das Spiel noch im Griff. Wenn man von der Riesenchance von Nelson Weiper absieht (3.), die Alex Nübel verhinderte, als er rechtzeitig den Winkel verkürzt. Jakob Bruun Larsen mit einem überraschenden Gewaltschuss (8.) und Undav mit einer Hunderprozentigen (14.) hätten die Führung erzielen können und das Spiel wäre sicher in einer andere Richtung gelaufen.
Mainzer Designschule: Ein einfacher Plan bringt den Erfolg Mit dem Führungstor durch Weiper (28.), einer Kopie seiner Chance aus der dritten Minute, brach der VfB regelrecht ein. Eigentlich in Überzahl, rückte Josh Vagnoman unnötig in die Mitte, machte den Passweg auf Richtung Weiper, der dieses Mal cool blieb. Ein einfaches Tor nach einem Ballgewinn, so wie Mainz einfachen Fußball spielt. Minimalismus auf dem Spielfeld.
Das Bo-Konzept von Trainer Henriksen sieht in erster Linie vor, Bälle weit nach vorne zu schlagen und sich den zweiten Ball zu holen. Ernüchternd zu sehen, dass dies funktioniert. Henriksen kombiniert das mit Energie und Leidenschaft, denen der VfB nichts entgegen zu setzen hatte. Aber wir kennen das: Das dänische Design ist schlicht und setzt in erster Linie auf Funktionalität. Wie bei guter dänischer Gestaltung wird bei Henriksen nicht auf überflüssige Details gesetzt, sondern auf klare Linien im Spiel und praktische Anwendung. Es muss einfach funktionieren, jeder Spieler muss seine Aufgaben erfüllen.
Nick Woltemade – bis auf die ersten Minuten – mit viel zu wenig Einfluss auf das Stuttgarter Spiel.
Außer Ameen Al-Dakhil war kein Spieler in Normalform, alle hatten entweder Paris schon im Hinterkopf oder die Belastungen des Jahres in den Beinen und den Köpfen. Oder sie dachten, dass sie Mainz in Normalform sowieso schlagen. Alle drei Erklärungen sind nachvollziehbar, aber nicht gut. Dem VfB fehlten Emotionen und Aggressivität, um beim Tabellennachbarn zu punkten. Dem VfB fehlte die richtige Haltung zum Spiel.
Funktionalität schlägt Stuttgarter Eleganz Mainz ließ dann sogar den Ball locker durch ihre Reihen laufen und konnte sich zum 2:0 kombinieren. Begünstigt natürlich durch Inkonsequenz in der Stuttgarter Verteidigung. Die Situation ließe sich schon mehrmals klären, Mainz blieb immer wach, bis schließlich Anthony Caci für die Entscheidung sorgte (86.). Zuvor hatte Nübel mit einem Reflex das 2:0 noch verhindert (79.). Zuvor wechselte Sebastian Hoeneß Jamie Leweling, Ramon Hendriks und Fabian Rieder ein. Es wäre womöglich keine so schlechte Idee gewesen, von Anfang an mehr Präsenz auf dem Platz zu haben. Hendriks und Jeff Chabot (kam in der 87.) hätten den Ton mit mehr Körperlichkeit angespielt, Leonidas Stergiou hätte in einer ähnlichen Tonlage gespielt. Sie hätten der Handwerkskunst von Henriksen vielleicht mehr entgegengesetzt.
So sah der VfB wie eine aufwendige Designer-Lampe aus, die zwar ästhetisch ansprechend ist, aber keine ausreichende Helligkeit liefert. Die Gäste hatten zwar ihre Ansätze und zeigten phasenweise spielerische Eleganz, aber gegen die Kompromisslosigkeit und Klarheit der Mainzer fanden sie kein Mittel.
Wir haben uns ja zwischendrin für unschagbar gehalten, aber Spiele wie gegen Mainz gibt es. Hoeneß wies öffentlich von sich, dass Paris bereits in den Köpfen seiner Spiel wäre. Wieviel Wahrheit darin steckt? Nur verständlich, dass die Spieler an das Endspiel der ersten Phase der Champions League denken. Ganz Fußball-Europa schaut nach Stuttgart, es ist das größte Spiel des VfB in der jüngeren Vereinsgeschichte. Wie der VfB weiter kommt, steht hier.
Dass es der VfB anders und besser kann, haben wir in dieser Saison schon oft gesehen. Dass der VfB mit Rückschlägen umgehen kann ebenso. Deniz sagte nach dem Spiel gegen Mainz trotzig: „Wir gewinnen am Mittwoch gegen Paris”. Warum sollte er lügen?
Zum Weiterlesen: Unser VertikalGIF stellt beim Blick auf die Spiele gegen Sankt Pauli und Mainz fest, was dem VfB noch zu einer echten Spitzenmannschaft fehlt: Die Cleverness, solche Spiele ohne Niederlage zu überstehen.
Der VfB will nach der Niederlage gegen Mainz “Wut in Energie wandeln“.
Die Süddeutsche Zeitung konstatiert, dass das “Mainzer Kollektiv den Champions-League-Teilnehmer aus Stuttgart mit einem Enthusiasmus niederrang, zu dem die Vielspieler des VfB an diesem Nachmittag nicht fähig waren.“
Bilder: Christian Kaspar-Bartke/Getty Images