MillernTon
·25. Juli 2024
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·25. Juli 2024
Gegen Olympique Lyon wackelte der FC St. Pauli nur zu Spielbeginn, steigerte sich dann aber deutlich und gewann am Ende verdient durch ein Traumtor.(Titelbild: Nordphoto/Imago Images/via OneFootball)
Ganz ehrlich: Das kam eher unerwartet. Zu wackelig war der FC St. Pauli im Testspiel vergangenen Freitag gegen Fürth. Zu lang ist die Liste an Ausfällen. Doch das Team zeigte eine sehr couragierte Leistung, konnte sich im Spielverlauf immer weiter steigern und schien sich in neuer Formation gegen ein Top-Team wohlzufühlen.
Dabei war der Start gegen Lyon etwas wackelig. Die ersten 20 Minuten gingen eher an den Gegner (inklusive eines Pfostentreffers in der 19. Minute). Der FC St. Pauli zeigte in dieser Phase aber bereits, dass er sein Verhalten gegen den Ball etwas angepasst hat: Bei gegnerischem Abstoß und direkt nach Ballverlusten wurden die Gegenspieler zwar weiterhin früh gestört, doch in vielen anderen Situationen zog sich der FCSP zu einer 5-3-2-Grundformation zusammen. Dabei agierten Afolayan und Albers als Doppelspitze. Hinter ihnen setzte sich das Dreiermittelfeld aus Metcalfe, Wagner und Irvine zusammen. Die Außenbahnen wurden von Banks (rechts) und Ritzka (links) besetzt. Mets, Nemeth und Dźwigała bildeten die Innenverteidigung.
Stück für Stück arbeitete sich der FC St. Pauli in die Partie, wurde zunehmend mutiger – und kam so zu einer Vielzahl an Ballgewinnen. Und wenn der Ball gewonnen war, ging es zumeist ziemlich fix nach vorne. In einem Tempo, das dem Gegner aus Lyon einige Probleme bereitete. Zwar blieben – bis auf eine Gelegenheit von Afolayan in der 24. Minute – die Großchancen aus, doch zumeist fehlte nur ein kleines Stück, die letzte Genauigkeit im Passspiel. Die Probleme bei tiefen Bällen des Gegners, wie vor wenigen Tagen gegen Fürth, hatte das Team gut in den Griff bekommen. Das machte richtig Spaß beim Zuschauen.
Das 5-3-2 mag auf den ersten Blick ähnlich klingen, wie das 5-2-3 aus der Vorsaison. Doch der Unterschied ist sehr groß. Denn der FC St. Pauli fiel aus dem 5-2-3 auch oft in ein tieferes 5-4-1. Aus einem 5-3-2 entwickelte sich das nicht. Vielmehr verschoben die vorderen fünf Spieler als Block konzentriert auf die ballnahe Seite und sorgten so für sehr enge Räume. Wurden die gegnerischen Außenverteidiger aus der eigenen Innenverteidigung angespielt, wurde oft versucht den Druck auf den Gegner auf der Seite nicht nur zu erhöhen, sondern zusätzlich auch die Rückpassoption zu verhindern (was dank zwei Angreifern einfacher zu bewerkstelligen ist). Oft folgte von Lyon der riskante Pass ins Zentrum, wo der FCSP viele Bälle gewinnen und im Anschluss schnell umschalten konnte.
Personelle Aufstellung des FC St. Pauli beim Testspiel gegen Olympique Lyon der ersten 70 Minuten: Voll – Banks (Günther), Dzwigala, Nemeth, Mets, Ritzka (Treu) – Wagner, Irvine, Metcalfe – Albers (Eggestein), Afolayan (Saad)
Auch Veränderungen im initialen Spielaufbau wurden während dieses Testspiels deutlich. Wichtigste Veränderung: Der FC St. Pauli spielte konsequent nach vorne, im ersten Abschnitt auch sehr oft mit langen Bällen auf Andreas Albers. Das geschah aber natürlich nicht aufgrund fehlender Optionen. Vielmehr waren in der ersten Halbzeit zwei sehr klare Positionsmuster im Spielaufbau zu erkennen. Entweder baute der FCSP in einem 3-1-4-2 oder einem 4-3-3 auf, abhängig davon wo sich Scott Banks und Lars Ritzka befanden.
Im 4-3-3 schob Banks ganz nach vorne auf die rechte Offensivposition. Afolayan blieb daher links offensiv, Albers agierte als Anspielstation für lange Bälle im Offensivzentrum. Die Position von Banks rechts hinten übernahm Adam Dźwigała und Lars Ritzka blieb ebenfalls in der Kette hinten, sodass sich eine Viererkette bildete. Diese Viererkette gab es ausschließlich in der ersten Halbzeit zu sehen. Vermutlich, weil Banks eher ein Offensivspieler ist und mit Albers ein Spieler für hohe Anspiele auf dem Platz stand. Gerade Albers war auffällig. Ihm gelang es einige Male die langen Bälle runter zu pflücken und zu verteilen.
Im zweiten Abschnitt kamen Saad und Eggestein für Afolayan und Albers, dazu Günther und Treu für Banks und Ritzka. Das 4-3-3 der ersten Halbzeit war nun nicht mehr zu sehen, sondern nun baute der FC St. Pauli durchgehend im 3-1-4-2 auf. Diese Variante gab es auch schon im ersten Abschnitt zu sehen, nun wurde sie aber konsequent durchgezogen. Dabei schoben die beiden Außenbahnspieler vor, auf eine Höhe mit den beiden Achtern, Wagner und Metcalfe. Manchmal agierten sie sogar auf einer Linie mit den beiden Stürmern. Durch diese Positionierung zog es auch die drei Innenverteidiger des FCSP im Aufbau weit auseinander. Besonders Karol Mets konnte einige Male recht unbedrängt auf der linken Seite in die gegnerische Hälfte andribbeln.
Das Spiel hatte sich spätestens mit Beginn der zweiten 45 Minuten ganz auf die Seite des FCSP bewegt. Offensiv wurde das Team immer gefährlicher, defensiv brannte nahezu gar nix mehr an. Der FC St. Pauli dominierte die Partie gegen Olympique Lyon – lasst diesen Satz mal ein wenig einsinken. Ein paar ungenaue Pässe in Umschaltmomenten oder erfolgreichen Aufbausituationen weniger, dann wäre das ein noch viel unangenehmerer Mittwochabend für Lyon geworden, als er es ohnehin schon war.
Aufbauvarianten des FC St. Pauli im Spiel gegen Olympique Lyon
Links: Die beiden Schienenspieler schieben deutlich vor, die drei Innenverteidiger ziehen sehr breit, sodass ein 3-1-4-2 entsteht.
Rechts: Im ersten Abschnitt schob öfter nur Scott Banks auf der Außenbahn nach vorne, sodass sich ein 4-3-3 im Spielaufbau beim FCSP bildete.
Antreiber beim FC St. Pauli in der zweiten Halbzeit war Philipp Treu, dem man anmerkte, dass er seine Rückkehr ins Team kaum abwarten konnte. Auffällig war auch Elias Saad, der neben dem ebenfalls gut aufgelegten Eggestein ganz vorne agierte und dem das schnelle Umschaltspiel des FCSP entgegenzukommen scheint. Zwar waren in seinem Spiel auch gewohntheitsgemäß einige Ungenauigkeiten drin, aber exemplarisch für das Ausspielen seiner Stärken war die Situation in der 85. Minute. Da erkannte er den freien Raum, konnte so mit langem Diagonalpass angespielt werden. Diesen nahm er in vollem Tempo perfekt an und jagte den Ball aus wenigen Metern an das Lattenkreuz. Eine beeindruckende Aktion.
Eine noch beeindruckendere Aktion war dann das, was Marwin Schmitz in der 87. Minute zeigte. Der 17-jährige hinterließ schon beim Test gegen den Bremer SV einen guten Eindruck. Gegen Lyon agierte er auf der Sechserposition, kam nach mehr als einer Stunde für Jackson Irvine in die Partie. Wenige Minuten vor dem Ende fand ein Einwurf von links den Weg zu ihm. Er dribbelte etwas in die Mitte, nahm Maß und setzte den Ball perfekt aus rund 20 Metern rechts in den Winkel – ein tolles Tor!
Und so ansehnlich wie das Tor von Schmitz war, so verdient war auch dieses 1:0. Klar, nur ein Testspiel – trotzdem war der FC St. Pauli gegen Olympique Lyon über weite Strecken das bessere Team. Das Team überzeugte vor allem defensiv, ließ nur sehr wenig zu und zeigte damit, dass die Rädchen nun bereits viel besser ineinandergreifen. Ein mutmachender, weil überzeugender Abschluss eines bis dahin nicht ganz so rund laufenden Trainingslagers.// Tim
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