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·5. Mai 2025

Polzin und der HSV: Endlich reif für die Bundesliga

Artikelbild:Polzin und der HSV: Endlich reif für die Bundesliga

Zu unerfahren, zu befangen, zu wenig Autorität: Mit diesen kritischen Attributen musste sich Merlin Polzin, Trainer des Hamburger SV, ab Amtsantritt im November 2024 herumschlagen. Der bisherige Co-Trainer war nach der Entlassung seines Chefs Steffen Baumgart nicht der Wunschkandidat von Stefan Kuntz. Der war sich sogar mit Lukas Kwasniok einig, doch die Paderborner ließen ihren Coach nicht gehen.

Polzin ließ sich von diesen im Grunde logischen Mechanismen nicht unterkriegen und träumte weiter – vom Aufstieg seines Vereins. Mit dem 4:0-Auswärtssieg in Darmstadt ist dieser Traum so nah wie noch nie. Der Pflichtsieg wurde zu einer der widerstandsfähigsten Mannschaftsleistungen der Saison. Nun reicht ein Sieg am 33. Spieltag gegen den Tabellenvorletzten SSV Ulm in jedem Fall zur Bundesligarückkehr. Polzin hielt nach dem Spiel im Mannschaftskreis eine flammende Rede, nach der kein Spieler mehr behaupten kann, nicht um die Bedeutung dieser Saisonphase Bescheid zu wissen. Ihr Trainer weiß es besser als jeder andere.


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Als Assistent viermal gescheitert

Viermal scheiterte er als Assistent unter Daniel Thioune, Tim Walter und Baumgart, bevor er selbst in die vorderste Reihe gelassen wurde. Gemeinsam mit seinen guten Freunden Loic Favé und Richard Krahn bekam Polzin die Verantwortung, diesen so großen, aber meist völlig verunsicherten Verein endlich wieder in die Bundesliga zu führen. Viele fragten sich: Wie soll das einer schaffen, der selbst dabei war und kaum älter als seine Spieler ist? Und dann noch mit dem ganzen Herzen dabei ist?

Die Antwort: durch harte Arbeit. Polzin betont in jeder Pressekonferenz gebetsmühlenartig, dass „der große Traum“ nur durch harte Arbeit in Erfüllung gehen kann. Fehler korrigieren ist ein Teil dieser harten Arbeit. Diesen Teil beherrscht Polzin erkennbar besser als seine beiden Vorgänger Walter und Baumgart. Walter klebte an seinem 4-3-3 und „schaute nur auf sich“. Baumgart wiederum machte den HSV durch seine defensive Spielweise unnötig klein.

Polzin findet das Maß und passt es Woche für Woche an. Beispiele gefällig? Er setzte den vermeintlich unaustauschbaren Bakery Jatta im Dezember auf die Bank. Dasselbe tat er mit Kapitän Sebastian Schonlau, nachdem der in Regensburg einen katastrophalen Eindruck machte. Schonlau hatte unter Polzins Vorgängern ein Standing auf dem Level von Paolo Maldini. Den Fehler, auf Schalke fast gar nicht auf Toptorjäger Davie Selke zu setzen, korrigierte er postwendend. Die vermeintliche Sofortverstärkung Marco Richter stand in Darmstadt aus Leistungsgründen nicht mehr im Kader.

Rollenspieler im System Polzin

Das junge Trainerteam erkennt außerdem kontinuierlich, dass die Transfers dieser Saison in weiten Teilen keine Verstärkungen sind. In Darmstadt standen nur Selke und Daniel Elfadli in der Startelf. Die Millionen-Transfers Silvan Hefti, Emir Sahiti und Adam Karabec (Leihe + Kaufoption in Höhe von 4,2 Millionen Euro) sind maximal Rollenspieler im System Polzin, das auf Namen keine Rücksicht nimmt.

Durch diese klare Haltung erarbeitet Polzin sich täglich mehr Respekt. Bei seinen Bossen, bei seinen Spielern und dem angeblich so schwierigen Hamburger Umfeld. Journalisten schwärmen geradezu von den Pressekonferenzen, in denen er zunehmend sicher moderiert. Am vergangenen Donnerstag schien er richtig Lust darauf zu haben, allen zu erklären, wie groß die Chance auf den Aufstieg ist.

In der Bundesliga HSV-Vertrag bis 2026

Die klaren Auftritte vor den Kameras sind mehr als nur gutes Kommunikationscoaching. Seine Spieler bestätigen, dass sie von ihm und seinem Team detailliert vorbereitet werden. „Wir wussten, dass wir über den Kampf ins Spiel kommen müssen und das nicht alles gelingen würde“, sagte Miro Muheim nach Abpfiff bei Sky. Hat der HSV in der Vergangenheit manchmal zu früh gefeiert, scheinen sie nun verstanden zu haben, an welchem Punkt der Route sie sich befinden. Die vom Coach angebotenen zwei freien Tage lehnte das Team ab.

Polzins Marschroute ist klar. Sein Vertrag verlängert sich nur bei einem Aufstieg um ein Jahr bis 2026. Bei einem Zweitligaverbleib hätte er nur seinen alten Co-Trainer-Kontrakt. Doch dieser Sieg in Darmstadt hat eigentlich gezeigt, dass er die Mannschaft bundesligareif gemacht hat. Wenn die Hamburger den Aufstieg nun noch verspielen, scheint es im Volkspark wirklich nicht mehr am Trainer zu liegen.

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