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Justus Pludra·29. April 2025
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Justus Pludra·29. April 2025
Oft geht es in dieser Serie um begnadete Kicker, denen ein großer Titel ewig verwehrt blieb. Unser heutiger Kandidat bezeichnet sich dagegen selber als ziemlich untalentiert, reckte vor Kurzem aber Silberware in den Himmel. Allerdings auch zum allerersten Mal und das mit 32 Jahren.
Sein Weg dahin war so herzerwärmend kitschig, dass sich Filmstudios um die Rechte an der Story reißen müssten.
"Eine sehr beeindruckende Karriere. Er ist ein sehr solider Spieler, der regelmäßig für Newcastle spielt - ein Champions-League-Klub. Es wundert mich, dass er noch nie für die Nationalmannschaft nominiert wurde". Diese Worte, mit denen England-Coach Thomas Tuchel seinen Schützling Dan Burn im März 2025 würdigte, wären ihm 15 Jahre zuvor wohl wie blanker Hohn vorgekommen.
Denn da jobbte der Verteidiger noch bei einer britischen Supermarkt-Kette. Bei der Magpies-Jugendabteilung war er schon Jahre zuvor aussortiert worden. Zurecht, wie er selber unlängst in einem 'Sky'-Interview zugab: "Ich war wirklich nicht gut genug." Eine große Karriere oder gar Titel, schienen unerreichbar.
Selbstzweifel zerfraßen seinen Fußballtraum, der über Umwege dann aber doch anlief. Solide Auftritte bei unterklassigen Klubs ermöglichen 2011 ein Engagement bei Fulham. Ex-HSV-Trainer Martin Jol sagte ihm da aber ganz offen, dass er Burn für nicht gut genug hielt.
📸 IAN KINGTON - 2014 AFP
Es folgten die nächsten Karriereschlenker über Birmingham und Wigan, wo dem Spätzünder der Durchbruch gelang. Die Athletics stiegen am Ende der Spielzeit 2016/17 zwar ab, trotzdem wird Abwehr-Kante Burn zum Spieler der Saison gewählt. Mit seiner mutigen Spielweise hatte der Zwei-Meter-Mann sich in die Herzen der Fans gedribbelt.
Qua seiner Statur lebt der zweifache Familienvater von der Kopfballstärke. Von vergleichbaren Abwehrspielern setzt er sich aber mit seinem Offensivspiel ab. Immer wieder verteidigt Burn mutig nach vorne, stößt mit Doppelpässen oder Dribblings mit ins Angriffsdrittel vor.
Seine nun selbstbewusste Spielweise bescherte ihm die Wechsel zu Brighton und im Winter 2022 schließlich zurück zu Newcastle. Schon damals schwärmte der frühere Dauerkartenbesitzer des St-James-Parks von einem Traum, der wahr geworden sei. Dabei war das erst der Anfang.
Als Fels in der defensiven Brandung war er Leistungsträger des Teams, dass sich in dieser Saison ins Ligapokal-Finale vorspielte. Sensationell schlug Newcastle in Wembley den FC Liverpool mit 1:0 und beendete eine Durstrecke von 70 Jahren ohne Titelgewinn. Der Siegtorschütze? Na klar, Dan Burn per Kopfball.
Die Krönung einer perfekten Woche für den 32-Jährigen. Denn schon drei Tage vor dem Endspiel am Sonntag hatte der spätere Vereinsheld Grund zum Jubeln. Um 22 Uhr Ortszeit am Donnerstagabend hatte Tuchel ihm seine erstmalige Nominierung für die Three Lions mitgeteilt - und mit ihm geschimpft: "Er sagte, dass es sehr unprofessionell von mir sei, um die Uhrzeit noch wach zu sein", konnte Burn über die scherzhafte Rüge hinterher lachen.
📸 Mike Hewitt - 2025 Getty Images
Keine Woche nach seinem ersten Titelgewinn feierte Burn dann auch gleich sein Länderspieldebüt. Beim 2:0-Sieg gegen Albanien durfte er über die volle Spielzeit mitwirken. Mit einem seiner gefürchteten Kopfbälle gelang ihm dabei sogar fast ein Tor. Zwei Auftritte im Wembley-Stadion hintereinander und zwei Treffer? Das war dann selbst dem Fußball-Gott zu schnulzig. Und auch ohne Tore ist ein Abwehrspieler wie Dan Burn ja schon sexy genug.
📸 Stu Forster - 2025 Getty Images