feverpitch.de
·19. Mai 2025
Urbig, Kane & Co.: Die fünf Spieler der Bundesliga-Saison

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·19. Mai 2025
Der 34. Bundesliga-Spieltag hatte aus Vereinssicht dann doch noch ein paar interessante Ereignisse zu bieten – z.B. schafften Frankfurt und Dortmund die Champions League, Heidenheim war nicht zu retten, Leverkusen noch schwächer als gedacht. Ich selbst habe aber eher auf die handelnden Personen geschaut. Hier kommen meine fünf Gewinner der Saison.
Wie kann man auf der Ersatzbank sitzen und trotzdem Saisongewinner sein? So etwas passiert natürlich ausschließlich beim FC Bayern, dem jetzt 34maligen Deutschen Meister. Ich sag‘ nur Harry Kane.
Der 31-Jährige hatte erst kürzlich angesichts seines ersten gewonnenen Titels das gemacht, was Engländer eigentlich immer machen, also auch, wenn sie nicht Meister werden: Saufen. Nach einer Feiermarathonwoche war der Stürmer so verkatert, dass ihn Trainer Vincent Kompany in Hoffenheim auf die Bank bugsierte. Ich kann mich nicht erinnern, dass es das mal gegeben hat in der Bundesliga.
Aber.
Kane kam rein, traf in 30 Minuten einmal und bereitete ein Tor vor. Und das mit Restalkohol. Nach dem 4:0 in Hoffenheim wurde ihm die Torjägerkanone überreicht und von mir symbolisch der Coupe de Mario Basler.
38 Scorerpunkte hat Kane geholt und dabei 25 Tore geschossen, das macht ihn zum ersten Spieler, der in seinen ersten beiden Bundesliga-Spielzeiten beide Male Torschützenkönig wurde und jeweils mindestens 25 Treffer erzielte. Chapeau!
Da die Bayern Meister wurden, sind sie auch in der Gewinnerliste überproportional oft vertreten. Michael Olise gehört da zwingend rein. Der Franzose kickt so unfassbar gut, dass ich mich schon dabei erwischt habe, Bayern-Einzelspiel statt Konferenz zu gucken, um keinen Geniestreich zu verpassen.
Lustigerweise hat es irgendwie noch keiner richtig gemerkt, was für einen Sensationsspieler die Bayern da an Land gezogen haben. Sagenhafte zwölf Tore und 19 (!!!) Assists hat der erst 23-Jährige eingefahren, dabei spielt er nur rechts vorn. Für 53 Millionen Euro kam er im Sommer von Crystal Palace, 80 Millionen ist er inzwischen wert, Tendenz explodierend.
Und jetzt kommt’s: Der Typ stand in 50 von 51 Saisonspielen der Bayern auf dem Platz! Die einzige Person im Weltfußball, zu der mir so eine Quote einfällt, ist Atlético-Trainer Diego „Der aus der Coachingzone tanzt“ Simeone.
So gesehen, ist Jonas Urbig, der am Samstag wie anfangs Kane auf der Bank saß, ein Effizienzmonster. Eine Verletzungspechwelle hatte den Ersatztorwart zwischen die Pfosten gespült, und nachdem sich die Bayern seit Jahren die Zähne an der Neuer-Nachfolgefrage ausbeißen, kam der 21-Jährige und machte einfach. Und zwar ziemlich gut.
Dadurch allein wird man noch nicht zu einem Saisongewinner, aber da wäre ja noch der 1. FC Köln, für den Urbig bis Winter spielte.
Zehn Zweitliga-Spiele für Köln, danach acht Bundesligaspiele für Bayern – die doppelte Staatsbürgerschaft des Fußballs. Der Clou: Das macht jetzt zwei Titel in einer Saison – Urbig ist Zweitligameister mit Köln und Erstligameister mit Bayern. Man nennt es auch das Aufzugsdouble. Schlauer kannst du einfach nicht wechseln.
Florian Wirtz ist natürlich ein Gewinner. Inklusive seines Familientrosses, der ihn berät, muss man wohl sagen. Ich dachte bis vor einer Woche, die Zukunft von Deutschlands bestem Fußballer werde mit Bedacht und Rohes-Ei-Attitüde geplant, bis die Wirtzens plötzlich Miles-and-More-Karma-Punkte satt zu sammeln anfingen. Sie flogen von A nach B, entweder um Kandidaten abzuchecken (ManCity/Liverpool), oder um die Bayern nervös und zahlungswilliger zu machen.
Heute ist es jedenfalls einfacher, die Spitzenklubs aufzuzählen, die ihn NICHT wollen. 150 Millionen Euro ist Wirtz wert! Wenn er nicht gerade in Mainz spielt.
Zum guten Schluss ein Sieger-Schwabe. Na gut, es ist ein „Neigschmeggder“, wie sie im Ländle sagen, denn Nick Woltemade stammt aus Bremen und ist damit mentalitätstechnisch weiter vom Schwaben entfernt als ein Zyniker vom Kartäusermönch.
Woltemade hat das Unmögliche geschafft: Er schoss als Stürmer mit 1,98 Meter Körpergröße und Bewegungsabläufen, die an einen 2,32 Meter großen NBA-Rookie erinnern, knallharte 16 Saisontore (zwölf Bundesliga, vier DFB-Pokal). Und das für eine Krisenmannschaft. So wurde er sogar zum Nationalspieler – Wolte, made in Germany.
Wer weiß, ob der Vorjahresvizemeister VfB Stuttgart ohne ihn nicht Neunter geworden wäre, sondern sogar Abstiegsangst gehabt hätte … und wer weiß, vielleicht macht Woltemade den VfB am Ende noch zum Pokalsieger. Jonas Urbig wäre ein bisschen neidisch.
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