90min
·16 November 2024
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·16 November 2024
Bei den Eintracht-Frauen dürfte gerade in der Bundesliga alles nach Plan laufen: Mit der jeweils besten Offensive und Defensive rangieren die Adlerträgerinnen aktuell auf Platz zwei in Deutschlands höchster Spielklasse. Ihren Kontrahentinnen aus Wolfsburg und München begegnete die SGE auf Augenhöhe und kann die beste Bilanz der drei Teams in den direkten Duellen ziehen. Ein Aspekt für den Erfolg, der auch von Spielerinnen und Verantwortlichen gern genannt wird, ist die scheinbar optimale Zusammenstellung des Kaders. Doch ist der Kader wirklich so perfekt oder am Ende vielleicht sogar zu klein? Die Eintracht-Frauen im Kader-Check.
Mit insgesamt 24 Spielerinnen stellt die Eintracht den kleinsten Kader aller Top-Teams der Frauen-Bundesliga. Während bei der Werkself 26 und bei Bayern 27 Spielerinnen unter Vertrag stehen, hat der VfL mit 30 Profis das größte Aufgebot - doch auch dort ist nicht alles Gold, was glänzt. Ein großer Kader bedeutet nicht automatisch auch, dass es ein besserer ist. Umgekehrt heißt es nicht, dass ein kleineres Aufgebot die Gewinnchancen minimiert. Allerdings kriegen die Adlerträgerinnen bei personellen Ausfällen schneller Probleme als beispielsweise die Wölfinnen.
"Wir sind eine extrem homogene Truppe, wir mögen uns alle gerne - das macht einen Unterschied", erklärte Toptorjägerin Laura Freigang in einem Podcast der Eintracht. Die Neuzugänge wie Elisa Senß oder Lisanne Gräwe würden "perfekt reinpassen und sich perfekt einfügen", wie Laura Freigang betont.
Stina Johannes, Lina Altenburg und Lea Paulick
Im vergangenen Sommer hat sich im Torhüterinnen-Trio der Eintracht einiges getan. Einzig Stina Johannes blieb vom ehemaligen Ensemble noch über. Mit Lea Paulick holte die SGE die Stammtorhüterin der Club-Frauen an den Main. Komplettiert wird das Trio von Lina Altenburg, die von der zweiten Mannschaft hochgezogen wurde. Stina Johannes ist dabei die klare Nummer eins. Die 24-Jährige braucht die Spielzeit aber auch, um sich weiterhin für die deutsche Frauennationalmannschaft zu empfehlen. Mit Lina Altenburg hält sich die Eintracht ein junges Nachwuchstalent warm und Lea Paulick kann mit ihrer bisherigen Erfahrung auch in die Bresche springen. Für Bundesliga und DFB-Pokal reichen die Torfrauen sicher aus. Sollte die SGE in Zukunft Champions-League spielen, könnte man vielleicht über eine zusätzliche Schlussfrau nachdenken.
Sophia Kleinherne, Nina Lührßen, Nadine Riesen, Sara Doorsoun, Pia-Sophie Wolter, Anna Aehling, Jella Veit und Dilara Açıkgöz
Die Verteidigung der Eintracht präsentierte sich bisher extrem sattelfest. Mit nur fünf Gegentore in neun Spielen stellt die SGE die beste Abwehr der gesamten Liga. Das war vor allem im Hinblick auf die vergangenen Spielzeiten so nicht zu erwarten. In der Innenverteidigung ist das Duo aus Doorsoun und Kleinherne gesetzt. Während die rechte Außenverteidigerposition meistens von Pia-Sophie Wolter bespielt wird, rotierte Niko Arnautis links zwischen Neuzugang Nina Lührßen und Nadine Riesen. Zuletzt bekam Lührßen häufiger den Vorzug vor der Schweizerin. Diese fünf Spielerinnen bilden den unumstrittenen Kern des Frankfurter Abwehrbollwerks.
Zwar ist von allen Mannschaftsteilen die Abwehr personell am stärksten besetzt, allerdings klafft nach den Stammspielerinnen eine leichte qualitative Lücke: Anna Aehling kämpfte sich nach einer schweren Fußverletzung ran und ist eine sehr gute Ergänzungsspielerin. Eine dauerhafte Konkurrenz für die anderen ist die 23-Jährige allerdings (noch) nicht. Selbiges gilt für Jella Veit, die definitiv eines der größten deutschen Defensivtalente ist, aber logischerweise noch einiges an Abgeklärtheit, Erfahrung und Spielzeit auf höchstem Niveau vermisst. Nach ihrem Kreuzbandriss im Sommer fehlt Dilara Açıkgöz der Adlerträgerinnen noch einige Zeit. Wenn die 20-Jährige fit ist, dann hat sie schon mehrfach ihr Talent unter Beweis stellen können und als Backup gute Leistungen gezeigt.
Die Abwehr der Eintracht strotzt von jungen Spielerinnen voller Talent, die von den alten Hasen wie Doorsoun, Kleinherne oder auch Wolter lernen können. Dennoch könnte es sicherlich auch nicht schaden, im Winter eine weitere Defensivspielerin zu holen, um einen personellen Engpass durch Verletzungen vorzubeugen. Fast alle der defensiven Stammkräfte haben die zusätzliche Belastung aufgrund der Nationalmannschaftslehrgänge zu bewerkstelligen. Müde Beine könnten im Laufe der Saison ihren Tribut fordern.
Pernille Sanvig, Elisa Senß, Lisanne Gräwe, İlayda Açıkgöz, Sophie Nachtigall, Barbara Dunst und Tanja Pawollek
Auch im Mittelfeld ist die SGE in der ersten Garde gut aufgestellt. Durch das Comeback von Tanja Pawollek hat Chefcoach Niko Arnautis die Qual der Wahl im defensiven Mittelfeld, da auch Elisa Senß und Lisanne Gräwe zuletzt gute Leistungen gezeigt haben. In der Frankfurter Raute hat auch Barbara Dunst ihren unangefochtenen Stammplatz.
Dann wird es allerdings auch hier eng: İlayda Açıkgöz laboriert noch an ihrer Kreuzbandverletzung, Pernille Sanvig sammelt bisher hauptsächlich in der zweiten Mannschaft Erfahrung und auch Sophie Nachtigall kann die Stammspielerinnen nicht mit derselben Qualität ersetzen. Im Januar konnte man sehen, wie dünn es für die Eintracht im Mittelfeld werden kann, wenn eine Stammspielerin ausfällt. Glücklicherweise konnte Lisanne Gräwe mit der Verantwortung gut umgehen und Tanja Pawollek würdig vertreten.
Zwar sind die Adlerträgerinnen im Mittelfeld nicht so dicht besetzt wie beispielsweise der FC Bayern München, können ihre Spielerinnen womöglich aber besser bei Laune halten und langfristig dadurch den zweiten Anzug passender gestalten.
Lara Prašnikar, Laura Freigang, Géraldine Reuteler, Remina Chiba, Nicole Anyomi und Carlotte Wamser
Der Angriff ist voll gepackt mit erfahrenen und gestandenen Spielerinnen. Lara Prašnikar, Géraldine Reuteler und Laura Freigang spielen schon etliche Jahre gemeinsam auf dem Rasen. Generell ist der Übergang zwischen Mittelfeld und Sturm bei der Eintracht fließend, so findet sich eine Laura Freigang hauptsächlich als Zehnerin wieder. Nicole Anyomi ist 2021 zu den Adlerträgerinnen gestoßen und etablierte sich zu einer weiteren Leistungsträgerin. Remina Chiba kam diesen Winter in die Mainmetropole und musste erst auf ihre Spielzeit warten. Seit Niko Arnautis aber scheinbar in dieser Saison das Wechseln für sich entdeckte konnte Chiba ihr Können im Trikot der SGE zeigen. Mit Carlotta Wamser holte man eine vielversprechende Offensivspielerin aus der Leihe vom 1. FC Köln zurück.
Gerade in der Offensive kann man beobachten, wie wichtig ein eingespieltes Team sein kann. Automatismen, Laufwege und blindes Verständnis sind der Schlüssel zum Erfolg für die umschaltstarken Frankfurterinnen. Punktuell konnte die Offensive dann durch Spielerinnen ergänzt werden, die noch mal neuen Schwung in die Partie bringen und kein Abbild der Stammspielerinnen sind.
Im Vergleich zu den anderen Mannschaftsteilen müssen sich die Verantwortlichen in der Offensive wohl am wenigsten Sorgen machen, da dort die Variabilität aller Spielerinnen ein großer Key-Faktor ist, um flexibel rotieren und auf mögliche personelle Ausfälle reagieren zu können.
Niko Arnautis dürfte es weniger schwer haben seine Spielerinnen bei Laune zu halten, als viele seiner Trainerkollegen in der Frauen-Bundesliga. Zudem hat ein kleineres, harmonierendes Team sicher auch Vorteile im Vergleich zu den großen Aufgeboten. Die Kaderzusammenstellung der Eintracht scheint Früchte zu tragen: Die eingespielten Stammkräfte wurden durch sehr gute Ergänzungsspielerinnen verstärkt. Die Positionen und Rollen scheinen vorerst klar vergeben zu sein.
Dennoch könnte das kleine Aufgebot in Zukunft auch Kopfschmerzen bereiten, besonders im Hinblick auf aufkommende Verletzungen. Wenn die Eintracht-Frauen in der nächsten Saison Champions-League spielen wollen, müssen sie definitiv auf wichtigen Positionen aufstocken, um die Belastung optimal steuern zu können.
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