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Miasanrot
·2 March 2025
FC Bayern München: Max Eberl, der Aufsichtsrat und ein steiniger Weg in die Zukunft
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·2 March 2025
Beim FC Bayern München bahnen sich große Streitpunkte an. Können Max Eberl und der Aufsichtsrat gemeinsam an der Zukunft schrauben?
„Es wird viel spekuliert“, sagte Max Eberl am Freitagabend in Stuttgart laut ran, als er gefragt wurde, was an den Gerüchten rund um Joshua Kimmich dran sei. Auf den Inhalt wollte er nicht weiter eingehen. Zunächst berichteten die üblichen Verdächtigen, dass ein Angebot an den Mittelfeldspieler vom Aufsichtsrat zurückgezogen wurde.
Dass die Nummer keine reine Falschinformation war, wie sie im aufgeregten „Echtzeitjournalismus“ heutzutage häufiger vorkommt, wurde deutlich, als auch die Süddeutsche Zeitung und der Spiegel mit Berichten und Einordnungen folgten. Letzterer berichtete, dass es intern allgemeine Unstimmigkeiten zwischen Eberl und Christoph Freund auf der einen und dem Aufsichtsrat rund um Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge auf der anderen Seite gebe – vor allem im finanziellen Bereich.
Die SZ legte nach und schrieb nun, dass Eberl sich zwar grundsätzlich mit Kimmich einig gewesen wäre, der Aufsichtsrat die Höhe des Angebots nicht akzeptiere. Nun würden die Gespräche mit dem Spieler erneut starten – mit Zahlen, die man von oben auch durchwinken würde. Der Fall Kimmich zeigt vor allem eines: Der Weg in die Zukunft könnte für den Rekordmeister sehr beschwerlich werden.
Die Causa Kimmich ist von außen aktuell nur sehr schwer einzuordnen. Was aber immer deutlicher wird, ist, dass sich mehrere Konfliktpunkte zwischen der sportlichen Leitung und dem Aufsichtsrat anbahnen. Das Bild, das der FC Bayern aktuell nach außen abgibt, ist zumindest ausbaufähig.
Verwundern darf es nicht, dass es Meinungsverschiedenheiten zwischen Eberl/Freund und Hoeneß/Rummenigge gibt. Das liegt in der Natur der Sache: Die einen wollen den Kader möglichst konkurrenzfähig aufstellen und Kritik daran vermeiden, dass sie Spieler X oder Spieler Y nicht halten konnten. Dabei müssen sie gegen das ankämpfen, was ihnen von der vorherigen sportlichen Leitung hinterlassen wurde: Eine Gehaltsstruktur, die den sportlichen Leistungen nicht entspricht und die dazu führte, dass viele Spieler in Verhandlungen hohe Ansprüche stellen – auch Kimmich.
Der Aufsichtsrat hingegen hat eine Kontrollfunktion inne. Es ist sein Job, Eberl und Co. kritisch auf die Finger zu schauen. Sein größtes Interesse besteht darin, den Club wirtschaftlich gesund zu führen. Vor allem Hoeneß, nach dessen Pfeife der Aufsichtsrat vor allem tanzt, ist dafür bekannt, dass er das finanzielle Risiko scheut – zumindest beim FC Bayern.
Seine Herangehensweise ist sehr konservativ. Keine Schulden, also auch möglichst keine Kredite und Jahr für Jahr Gewinne, die man auf der Jahreshauptversammlung präsentieren kann – so oder so ähnlich sieht seine Idealvorstellung aus. „Der FC Barcelona lässt grüßen. Wir müssen aufpassen“, mahnte Hoeneß zuletzt in der AZ: „Inzwischen sind auch wir mit unserer Gehaltssituation ziemlich weit oben in Europa, um international konkurrenzfähig zu bleiben. Und deswegen müssen wir unseren Spielern klarmachen, was da gerade passiert. Wir kommen in einen Grenzbereich, in dem die Wege nach oben nicht mehr so allzu offen sind.“
Eberl wiederum ist jemand, der das finanzielle Risiko nicht scheut und dem Vernehmen nach auch kein Problem damit hat, ein vorgegebenes Budget auszureizen oder gar noch zu überbieten. So soll die Verpflichtung von Sportdirektor Rouven Schröder bei RaBa Leipzig einst teurer gewesen sein, als es vorgesehen war.
Wie sehr man ihm das tatsächlich vorwerfen kann? Auch hier ist Vorsicht geboten. Gerüchte werden oft bewusst lanciert und die Zusammenarbeit mit Red Bull endete damals im Streit. Doch wenn man der Erzählung von damals Bedeutung beimisst, passt das Gerücht um Kimmich, Eberl hätte zu viel geboten, durchaus ins Bild.
Vor einigen Wochen streute der kicker Gerüchte, dass Eberl Alleingänge unterstellt würden. Hier stellt sich die Frage, wie die Kommunikation zwischen dem Sportvorstand und dem Aufsichtsrat konkret abläuft. Normalerweise würde man sich einen gesunden Prozess so vorstellen, dass der Sportvorstand sich vom Aufsichtsrat einen Rahmen abstecken lässt, in dem er verhandeln kann. Erst dann gibt es Gespräche mit dem Spieler.
Will dieser mehr, geht Eberl wieder zum Aufsichtsrat und holt sich dessen Meinung ein. Vor allem der Bericht der SZ liest sich so, als hätte Eberl sich mit Kimmich geeinigt, um sich dann von der Absage des Aufsichtsrats überraschen zu lassen. Möglich wäre auch ein Szenario, in dem der 51-Jährige es nicht geschafft hat, Kimmich innerhalb des zuvor mit dem Aufsichtsrat abgesteckten Rahmen zu überzeugen und die erneute Absprache an die Öffentlichkeit gelangte.
So oder so geben die Bayern in der Causa Kimmich nach außen derzeit kein allzu souveränes Bild ab. Es scheint, als wäre die Kommunikation zwischen den beiden Parteien schwierig, als würden die Interessenkonflikte dazu führen, dass der Club derzeit nicht effizient genug an der Zukunft schraubt.
Mit Blick auf die Kaderbaustellen und den sportlichen Trend der vergangenen Jahre wird vom FC Bayern einerseits ein Umbruch erwartet. Andererseits gibt der Aufsichtsrat derzeit einen Sparkurs vor, der in der angedeuteten Radikalität durchaus überraschend kommt. Gerade beim Blick auf die wirtschaftlichen Kennzahlen der letzten Geschäftsjahre konnte man nicht den Eindruck gewinnen, dass der Rekordmeister Gefahr laufen könnte, in große Schwierigkeiten zu kommen.
So nachvollziehbar das Ziel ist, die aktuelle Gehaltsstruktur wieder nach unten zu bringen, so sehr könnten die Bayern auch Gefahr laufen, sich überspitzt formuliert ins europäische Mittelmaß zu sparen. Gerade jetzt, wo der Kader Investitionen und auf mindestens zwei, drei Positionen einen neuen Anstrich bräuchte, sind der sportlichen Leitung die Hände gebunden.
Die große Frage, die sich anhand der Gerüchte und Berichte stellt, ist: Wie kompromissfähig sind beide Seiten? Wie sehr gelingt es ihnen, die eigenen Interessen durchzubringen? Gerade bei Eberl wird es einerseits darum gehen, die Granden im Aufsichtsrat nicht zu sehr zu verärgern, will er diesen Job noch lange behalten.
Gleichzeitig müssen sich ebenjene Granden fragen, wie viel Einflussnahme auf das Tagesgeschäft wirklich notwendig ist. Eine Zusammenarbeit, bei der Eberl zu wenig Spiel- und Gestaltungsraum hat, kann genauso toxisch für den Club sein wie eine, bei der Eberl zu viel Spielraum erhält.
Es braucht einen Mittelweg, der die beiden Interessen miteinander vereint: Finanzielle Vernunft und sportliche Konkurrenzfähigkeit im internationalen Vergleich. Dafür müssen sich beide Parteien womöglich auch von der einen oder anderen Überzeugung trennen, für die sie in ihrer Karriere bisher immer eingestanden haben.
Bei Hoeneß und Rummenigge entsteht abermals der Eindruck, dass sie nicht loslassen können. Aber auch Eberl muss sich daran gewöhnen, dass er nicht der mächtigste Mann beim FC Bayern ist, der vieles selbst entscheiden kann.
Wie hitzig es derzeit intern wirklich hergeht, kann nur der FC Bayern selbst beantworten. Dass es auch mal hitzig sein muss und dass es zwischen den Entscheidern auch mal Meinungsverschiedenheiten braucht, steht außer Frage. Klar ist aber, dass sich anhand dieser Zusammenarbeit die nahe Zukunft des FCB entscheiden wird.
Es gibt viel zu tun – und das geht letztlich besser, wenn man produktiv und gemeinsam versucht, die Ziele zu erreichen. Auch wenn es Zielkonflikte zwischen beiden Parteien gibt, wäre es fatal, würde man gegeneinander arbeiten. Gerade im Fall Kimmich deutet einiges darauf hin, dass genau das gerade passiert. Dass mindestens die Absprache untereinander nicht gut ist.
Auch wenn Eberls Einordnung der Situation ihre Gültigkeit nicht verliert: „Es wird viel spekuliert.“ Verlängert Kimmich in den kommenden Tagen für ein deutlich geringeres Gehalt, als ursprünglich angenommen wurde, kann die Kritik schnell wieder verstummen. Fragen am Prozess dorthin müssen dennoch erlaubt sein – und auch Fragen danach, wie zukunftsfähig Eberl auf der einen und Rummenigge/Hoeneß auf der anderen Seite miteinander arbeiten können.