Vincent Kompany vs. Thomas Tuchel: Was hat der Trainerwechsel dem FC Bayern gebracht? | OneFootball

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·18 April 2025

Vincent Kompany vs. Thomas Tuchel: Was hat der Trainerwechsel dem FC Bayern gebracht?

Article image:Vincent Kompany vs. Thomas Tuchel: Was hat der Trainerwechsel dem FC Bayern gebracht?

Der FC Bayern München könnte in dieser Saison wieder einen Titel gewinnen. Aber hat sich der Wechsel von Thomas Tuchel auf Vincent Kompany gelohnt? Ein Vergleich.

Deutscher Meister könnte in dieser Saison wieder der FC Bayern München werden. Doch in Pokal und Champions League bleibt unter dem Strich ein ernüchterndes Fazit, schaut man nur auf die Ergebnisse.


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Im DFB-Pokal schied man bereits im Achtelfinale gegen Bayer Leverkusen aus, kam immerhin eine Runde weiter als im Vorjahr. In der Königsklasse war jüngst Inter Mailand die Endstation im Viertelfinale – eine Runde früher als unter Vorgänger Thomas Tuchel.

Gerade zu Beginn der Saison wurden viele statistische Vergleiche zwischen Vincent Kompany und Tuchel bemüht, um den damaligen Erfolg des Belgiers zu relativieren. Denn auch der Saisonstart des Vorgängers war statistisch gesehen alles andere als schlecht. Doch wie sieht es jetzt aus, wo sich die Spielzeit dem Ende neigt? Hat sich der Trainerwechsel gelohnt?

FC Bayern würde gegen das Vorjahres-Leverkusen nicht Meister werden

Mit Blick auf die Tabelle in der Bundesliga bleibt zumindest die Erkenntnis, dass man in dieser Saison sehr gute Chancen auf den Titel hat. Mit 69 Punkten nach 29 Spieltagen steht man ordentlich da, hat bereits sechs Zähler Vorsprung auf Bayer Leverkusen.

Interessant: Das Vorjahres-Leverkusen bleibt allerdings unerreichbar. Die Werkself stand damals nach 29 Spielen bereits mit 79 Punkten an der Tabellenspitze. Tuchels Bayern hatte wiederum 63 Punkte und wäre damit jetzt noch im Rennen um die Meisterschaft. Hinzu kommen psychologische Unterschiede. Die Münchner verloren gegen Ende der Saison auch deshalb viele Bundesliga-Spiele, weil der Titel nicht mehr erreichbar schien. Das 0:3 in Leverkusen war ein klarer Knackpunkt.

Unter Kompany stehen die Bayern unter Druck, müssen jedes Spiel gewinnen, um Leverkusen hinter sich zu lassen und den Titel zu gewinnen. Das hat gewiss Einfluss auf die Statistiken. 69 Punkte sind gleichzeitig aber auch der beste Wert seit der Saison 2017/18. Damals stand man nach 29 Spieltagen mit 72 Punkten deutlich vor Schalke (52). Sonst kam man nur in der Saison 2021/22 auf 69 Punkte zu diesem Zeitpunkt – damals mit einer leicht besseren Tordifferenz von +57.

Kompany vs. Tuchel: Keine Chance für den Vorgänger

Doch nun zum Vergleich mit Tuchel: Kompany gewinnt in allen relevanten Statistiken. Für den Vergleich haben wir die Opta-Daten von FBref verwendet – und weil es im DFB-Pokal weniger frei zugängliche Daten gibt, werden Tuchels 46 Pflichtspiele in Liga und Champions League mit Kompanys 43 Pflichtspielen in den beiden Wettbewerben verglichen – alle Daten sind durchschnittlich pro Spiel angegeben.

  1. FC Bayern und die xG: Was sind eigentlich Expected Goals?

Die Kompany-Bayern erzielen 0,15 Tore mehr, kassieren dabei 0,17 Treffer weniger als die Tuchel-Bayern. Sie kommen auf 1,89 Abschlüsse und 0,18 Expected Goals (xG) mehr, lassen zudem 3,12 Abschlüsse und 0,19 xG weniger zu. Auch beim Punkteschnitt haben die Münchner in dieser Saison die Nase um 0,12 Zähler vorn.

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Kompany hat es im langfristigen Trend also durchaus geschafft, die Mannschaft zu verbessern und ihre Siegchancen zu erhöhen. Das zeigen einerseits die am Ende für die vergebenen Titel realen Daten wie die tatsächlich gewonnenen Spiele, Tore und Gegentore. Aber auch die für die Analyse der Entwicklung wichtigen erweiterten Daten wie Expected Goals unterstreichen das.

„Aber Tuchel ist besser für die Champions League!“

Gerade in der Champions League wurden in den vergangenen Jahren einige Debatten darüber geführt, welcher Spielstil am erfolgsversprechendsten ist. So wurde offensiven Herangehensweisen meist unterstellt, dass sie für die großen Spiele wenig taugen, weil Teams wie Real Madrid das eiskalt bestrafen würden. Auch Kompany durfte sich dieser Kritik nach einigen Niederlagen in der neuen Ligaphase stellen.

Vergleicht man ihn hier mit Vorgänger Tuchel, ist das Bild etwas ausgeglichener. Denn mit 2,00 Punkten pro Spiel ist Tuchel hier 0,14 Zähler vor seinem Nachfolger. Und auch bei den kassierten Gegentoren hat er die Nase um 0,21 vorn.

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Auch hier gibt es aber Faktoren, die es zu berücksichtigen gilt. So spielten die Bayern in dieser Saison durch das neue Liga-Format bereits in den ersten acht Partien gegen zwei Teams, die dieses Jahr im Halbfinale stehen (PSG und Barcelona). Außerdem trafen sie auf Aston Villa – einen kommenden Viertelfinalisten.

Tuchels Gruppe war mit schweren Auswärtsspielen bei Manchester United, dem FC Kopenhagen oder im stimmungsreichen Stadion von Galatasaray ebenfalls alles andere als leicht, aber keines dieser Teams hat das Niveau für ein Viertelfinale der Champions League.

Tuchel nah am Finale – aber alles andere als stabil

Vor allem die letzten beiden K.-o.-Runden bleiben unter Tuchel sehr positiv in Erinnerung. In beiden Duellen waren viele Bayern-Fans überrascht, wie gut ihr Team mithalten konnte. Allerdings war die Saison auch in der Königsklasse deutlich durchwachsener, als es so manche Erinnerung hergibt.

Gegen Arsenal präsentierten sich die Münchner zweimal souverän. In typischer Tuchel-Art gelangen offensiv aus 3,2 Expected Goals die drei notwendigen Tore, um die zwei Treffer Arsenals aus insgesamt nur 1,4 xG zu übertreffen. Die Engländer galten damals als heißer Anwärter auf den Titel, waren extrem formstark. Ein Statement, das mit dem diesjährigen Erfolg gegen Leverkusen zu vergleichen ist.

Im Halbfinale waren die Bayern dann aber deutlich unterlegener, als man anhand des Ergebnisses annimmt. Real Madrid erzielte aus 4,7 xG nur vier Tore, die Bayern überperformten ihre 2,0 xG mit drei Treffern. Emotional war es ein dramatisches Aus, rein objektiv war Madrid der verdiente Sieger.

Auch in der Gruppenphase stolperten die Bayern deutlich mehr, als es die fünf Siege und ein Unentschieden gegen Kopenhagen vermuten lassen. Nur einmal gelang es dem FC Bayern in diesen sechs Spielen, den Gegner um mehr als ein xG zu übertreffen. Im Auswärtsspiel bei Galatasaray geriet man erst unter die Räder und drehte das Spiel später gegen müde Türken, die sich für ihren Aufwand nicht belohnten.

Beim Heimspiel gegen Manchester United begann man stark und gab dann beinahe noch eine deutliche Führung aus der Hand. Kopenhagen schaffte es in beiden Partien gegen den FCB, beim xG-Wert ein Unentschieden zu erreichen. Souverän war das nicht. Aber am Ende eben auch dank einiger Umstände etwas erfolgreicher.

Kompany kämpft mit Verletzungen

Einer dieser Umstände ist beispielsweise, dass Kompany in der Rückrunde massiv mit Verletzungen zu kämpfen hat. Und trotzdem geben die Daten her, dass die Leistungen der Bayern in der Königsklasse etwas stabiler geworden sind. Vielleicht nicht zwingend im Endergebnis, aber durchaus bei den Statistiken.

  1. FC Bayern in der Taktikanalyse: Wie Kompany mit seinem Spielstil das Risiko minimiert

In den 14 Spielen verloren die Bayern nach xG nur zweimal: Beim FC Barcelona und in Glasgow. Neunmal war man um mindestens ein xG besser als der Gegner, nur einmal waren die Werte ungefähr ausgeglichen: Im Rückspiel gegen Inter Mailand (1,5 zu 1,4).

Auch wenn das nicht die entscheidenden Werte sind und Expected Goals immer auch abhängig von einem Spielverlauf sind – wie hätten sich die xG beispielsweise verteilt, hätten die Bayern gegen Inter das erste Tor gemacht? –, so zeichnen die Statistiken ein Bild der Weiterentwicklung, wenn es darum geht, eine stabile Spielanlage auf den Platz zu bekommen.

Stabil dahingehend, dass man sich fast immer ausreichend Möglichkeiten zur Torerzielung erspielen konnte. Stabil auch dahingehend, dass defensiv nur zweimal mehr als 1,5 xG zugelassen wurden (gegen Feyenoord mit 1,7 und gegen Barcelona mit 2,2). Das sind bei allem Frust über leichte Defensivfehler oder Chancenverwertung in manch wichtiger Situation positive Erkenntnisse aus dieser Champions-League-Saison.

Die Daten zeigen auch, dass Tuchels Bayern extrem wechselhaft agierten. Dass sie mit nur 13,83 Abschlüssen und 1,58 xG pro Spiel einigermaßen erfolgreich sein konnten, ist sicher ein Beleg der Effizienz. Nachhaltig schien der Weg jedoch nicht zu sein.

Mehr defensive Stabilität in der Bundesliga

Und auch beim Blick auf die Bundesliga zeigt sich, dass es jetzt eine neue Stabilität zu geben scheint. Hier hat es Kompany geschafft, die offensive Gefahr in etwa auf dem gleichen Level zu halten, die Defensive dabei aber enorm zu verbessern. Er beweist damit, dass hohes Verteidigen nicht immer anfälliger für Gegentore sein muss als tiefes Verteidigen.

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Defensiv lassen sich die Werte sehen – auch im Vergleich mit anderen europäischen Spitzenteams. Sollten die Bayern es auf dem Transfermarkt schaffen, an den richtigen Stellschrauben zu drehen, könnte die Dominanz in der Bundesliga vielleicht noch größer werden. Wenngleich das mehr die Abwehr betrifft als die Offensive.

Interessant ist jedoch eine weitere Beobachtung, die aus den Daten hervorgeht: Unter beiden Trainern gab es einen Einbruch in der Rückrunde. Bei Tuchel so stark, dass es ihn den Job kostete. In der Saison 2023/24 lässt sich wie oben beschrieben auch einiges mit der frühen Erkenntnis erklären, dass man in der Bundesliga den Titel nicht mehr holen kann. Auch die Unruhe rund ums Team dürfte dazu beigetragen haben.

Gleichzeitig gab es mit Blick auf die Auftritte in der Champions-League-Gruppenphase schon in der Hinrunde Anzeichen. Selbiges könnte man rein ergebnisbezogen auch bei Kompany behaupten. Es gibt aber viele Argumente dafür, dass die Fälle unterschiedlich gelagert sind, wie diese Analyse bereits gezeigt hat.

Fazit: Hat sich der Trainerwechsel gelohnt?

Unter dem Strich bleib ein positives Fazit. Die Bayern haben sich mit ihrem neuen Trainer weiterentwickelt. Vor der Saison hätten wohl nicht viele darauf getippt, dass man nochmal die Chance auf ein Halbfinale in der Champions League haben würde und auch in der Bundesliga gab es unter den Fans des FC Bayern sowie unter den Expert*innen geteilte Meinungen darüber, ob man Leverkusen schlagen kann.

Hier gelang es, den Spieß im Vergleich zur Vorsaison umzudrehen und sich früh eine Distanz zur Werkself aufzubauen und die zumindest bis zum 29. Spieltag aufrechtzuerhalten. Dass man trotz der vielen Ausfälle dazu in der Lage ist, ist ein Indikator dafür, dass das neue System den richtigen Rahmen bietet, um nachhaltig erfolgreich zu sein.

Erst im Saisonverlauf entwickelten sich Ansprüche, denen die Bayern mit den personellen Rückschlägen nicht mehr gerecht werden konnten. Das sind Probleme, die vor allem die Prävention von Verletzungen und die Kaderplanung betreffen, weniger aber die spieltaktische Einstellung des Teams.

Das Aus gegen Inter war ein herber Rückschlag. Bringt man die Bundesliga aber über die Ziellinie, kann diese Saison trotz auf den ersten Blick nur marginaler Unterschiede als großer Erfolg gewertet werden. Als erster Schritt einer neuen Entwicklung, die es in der kommenden Saison dann zu bestätigen gilt.

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