
Vertikalpass
·2 de mayo de 2025
Underperformer oder Qualitätsfrage?

Vertikalpass
·2 de mayo de 2025
Es gibt nicht den einen Grund für die desaströse Rückrunde des VfB. Zu viele Faktoren spielen in die Ergebniskrise hinein, die weit über Glück, Pech und unglückliche Spielverläufe hinaus gehen: eine gewisse mentale Müdigkeit nach dem Champions League-Aus, gravierende strukturelle Probleme in allen Mannschaftsteilen, enorme individuelle Unzulänglichkeiten. Nach zwölf Punkten in 14 Spielen und dem Sturz von Platz 4 auf Rang 12 entstehen einerseits Fragen zum taktischen System andererseits zur Leistungsfähigkeit des Kaders.
Aus dem Hoeneß-System ist teilweise ein starres, behäbiges, manchmal uninspiriertes und unpräzises Spielsystem geworden. Anpassungen hat der Trainer im Verlauf der Saison durchaus vorgenommen. Weil sich Gegner darauf eingestellt haben und der Spielaufbau über die Innenverteidigung gegenüber dem letzten Jahr aufgrund des neuen Personals deutlich verschlechtert hat, lässt er immer wieder mit langen Bällen spielen, die letzte Saison noch verpönt waren. Bei tief stehenden Gegnern, wie Heidenheim oder auch dem Pokalgegner Bielefeld, funktioniert das eher nicht.
Gegen Heidenheim überraschte Sebastian Hoeneß nach der Einwechslung von Nick Woltemade mit einem Dreier-Sturm und sorgte damit für ein Momentum, das seine Mannschaft leider nicht nutzte. Es scheint weniger an der taktischen Herangehensweise zu liegen – die perfekt zur Mannschaft zu passen scheint – sondern mehr an der Qualität seiner Spieler.
Ermedin Demirovic hätte das Zeug zu einem 20-Tore-Spieler. Finn Jeltsch wird in Zukunft garantiert deutscher Nationalspieler werden. Chris Führich, Atakan Karazor und Jamie Leweling haben bereits bewiesen, welche Qualitäten sie haben. Aber: Beim VfB und seinem Kader ist zu viel Konjunktiv, Zukunft und Vergangenheit im Spiel. In der Gegenwart steht dagegen eine verheerende Rückrunde.
Der VfB braucht die Qualität hier und heute
Wegen Konjunktiv, Zukunft und Vergangenheit wird die Performance der Mannschaft falsch eingeschätzt. Die Vizemeisterschaft wirkt nach, auch wenn gesagt wird, dass niemand eine Wiederholung erwartet hat. Aber die guten Leistungen der meisten Spieler in der Vergangenheit führen zu Unverständnis gegenüber den Auftritten in diesem Jahr. „Sie können es doch besser“ und „für ihr Potential ist das viel zu wenig“, wird gerne gesagt. Aber die meisten sind es nicht gewohnt, eine ganze Saison zu performen, und das teilweise bei einer Vierfachbelastung.
Viele Spieler können ihre guten Leistungen aus der letzten Saison nicht bestätigen. Womöglich war es beim einen oder anderen ein einmaliger Ausschlag nach oben und ihr wirkliches Leistungsvermögen liegt unter dem der Vizemeister-Saison. Nachdem einige zwei Schritte nach vorne gemacht haben, gingen sie diese Saison mindestens anderthalb wieder zurück.
Gibt es derzeit zu viele Underperformer oder stellt sich die Qualitätsfrage?
Seine Qualitäten stets und überall, auch an einem regnerischen Abend in Cannstatt gegen Heidenheim auf den Platz zu bringen, ist echte Qualität. Sie in den entscheidenden Situationen zu zeigen, wie frei vor dem Tor oder bei der Verhinderung eines Gegentors, ist Spitzenqualität. Die fehlt dem Kader, in dem auch Akteure sind, die von der Position her nie zum Hoeneß-Ball gepasst haben (Fabian Rieder). Oder Spieler, deren Qualität mittlerweile als unzureichend eingeschätzt werden (Yannik Keitel).
Die herausragende letzte Saison führt dazu, dass sich das Team selbst falsch einschätzt. Symptomatisch eine Aussage vom formstarken Maximilian Mittelstädt nach dem Bremen-Spiel: „Meiner Meinung nach spielen wir besser, als es der Tabellenplatz aussagt.“ Ein arrogantes Auftreten kann man der Mannschaft wirklich nicht vorwerfen, aber in der einen oder anderen Situation fehlt die Konsequenz. Womöglich auch deshalb, weil das Team denkt, es wäre weiter als es wirklich ist.
Die richtige Qualität bei der Kaderplanung?
Es ist natürlich auch die Frage nach der „richtigen“ Qualität. Der VfB hat vor dieser Saison Abgänge hinnehmen müssen. Für Serhou Guirassy kam Demirovic, der vom Profil her kaum unterschiedlicher sein könnte. Dasselbe bei Jeff Chabot, der vor allem bei der Vorwärtsverteidigung und im Spielaufbau qualitativ nicht mit Hiroki Ito und Waldemar Anton zu vergleichen ist. Obwohl das so ist, hat Hoeneß sein Spielsystem erst im Laufe der Saison angepasst. Interessanterweise fällt die Ergebniskrise genau in diese Phase.
Fehlen Qualitäten – ob zeitweilig oder generell – entstehen Probleme von selbst: späte Tore, verschenkte Führungen, slapstick-artige Standardverteidigung. Trotzdem bleibt die Frage: Gegen Gegner, denen der VfB überlegen sein müsste, sollten das Leistungsvermögen der Mannschaft eigentlich reichen. Und das ist die große Hoffnung für das Pokalfinale, verbunden damit, dass sich der VfB in den letzten Spielen die Spannung holt, die die Mannschaft benötigt und versteht, dass es nicht ohne Intensität gegen und mit dem Ball geht.
Zum Weiterlesen: In unserem Text “Breaking Bad Cannstatt” schreiben wir, dass Sebastian Hoeneß nicht wie bisher alles gut finden sollte, dafür ist das Auftreten des Teams seit Wochen wirklich alles andere als gut.
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Bild: Alex Grimm/Getty Images