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·27 Oktober 2024

Kommentar nach Clásico-Klatsche: Schmerzhafte Ohrfeige, aber kein Grund zur Panik

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Edin Soso sieht in der Clasicó-Pleite noch keinen Grund zu grundsätzlichen Zweifeln am Ausgang der noch jungen Saison – Foto: Getty Images

Es wird langsam zu einer unschönen Gewohnheit: Wieder einmal verliert Real Madrid einen Heim-Clásico mit 0:4, wie schon vor zweieinhalb Jahren am 29. Spieltag der späteren Double-Saison 2021/22. Damals trat der Rekordmeister dermaßen lustlos und uninspiriert auf, dass er mit vier Gegentoren noch gut bedient war. Das Ergebnis des Duells gegen den ewigen Rivalen vom Samstagabend fiel zwar identisch aus, daran gibt es nicht zu beschönigen, und dennoch bedarf es einer sachlichen und objektiven Einordnung des Auftritts der Königlichen, vor allem im Hinblick auf den äußerst kuriosen und unglücklichen Spielverlauf.


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So offenbarte das jüngste 0:4 all die Probleme, mit denen das Team von Carlo Ancelotti schon seit Saisonbeginn zu kämpfen hat – die Offensive lebt weiterhin von individuellen Momenten, es fehlen erkennbare Automatismen, das Mittelfeld sucht immer noch nach Rhythmus, die Defensive ist nicht immer ausbalanciert. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Blancos bis zum ersten Gegentor eine gute Partie gezeigt haben und der Führung näher waren. Eigentlich müssen sie schon zur Halbzeitpause mit 2:0 führen, aber Fußball und der Konjunktiv… Ancelottis Matchplan gegen die extrem hohe Verteidigung der Katalanen war richtig und hat grundsätzlich funktioniert. Das kollektive Defensivverhalten war lange fehlerfrei und auf sehr hohem Niveau, während vorne auf Chancen gelauert wurde, die sich durch Barcelonas riskante Spielweise immer wieder baten. Im Normalfall verwertet Vinícius Júnior Chancen wie die aus der 23. Minute in acht von zehn Fällen zuverlässig, und eine Halbzeitführung hätte dem Spiel einen ganz anderen Stempel aufgedrückt. Auf der anderen Seite führte die allererste defensive Unaufmerksamkeit zum Rückstand, es folgte gleich die nächste und daraus ergab sich eine ganz neue Eigendynamik und das Unheil nahm seinen Lauf. Selbst nach dem Doppelschlag von Robert Lewandowski boten sich erstklassige Gelegenheiten zum schnellen Anschlusstor – Kylian Mbappé vergab erneut in den Minuten 64, 66 und 71 – , aber letztlich ging aus königlicher Sicht alles schief, was schiefgehen konnte, während beim Gegner quasi alles funktionierte. Von der zwölf mal zugeschnappten Abseitsfalle bis vorne.

Der geradezu absurde Auftritt von Mbappé steht symbolisch für den ganzen Abend im Bernabéu: Selbst wenn der Franzose bewusst versuchen würde, innerhalb von 90 Minuten so häufig im Abseits zu stehen wie in seinem ersten Clásico, würde ihm das mit Sicherheit nie wieder gelingen. Gleichzeitig wirkte der Neuzugang wieder ein Stück integrierter und etwas mehr eingebunden, von der ersten Minute an aktiv und gefährlich. Dass er reihenweise erstklassige Torchancen vergab, passte einfach zu einem Abend, an dem einfach nichts klappen wollte. Bei allem berechtigten emotionalen Schmerz nach einer am Ende so deutlichen Niederlage gegen den Hauptkonkurrenten gibt es also einige positive Aspekte mitzunehmen. Dass es immer noch etwas Zeit braucht, bis Mbappé integriert wird, war zu erwarten, und dass nach dem Abgang von Toni Kroos eine komplett neue Statik im Spiel schrittweise etabliert werden muss, dürfte niemanden ernsthaft überraschen. Ein Sechs-Punkte-Rückstand auf Barcelona ist unangenehm, aber nach gerade einmal elf Spieltagen alles andere als dramatisch und uneinholbar. Im Oktober werden keinerlei Titel gewonnen oder verloren, und der Champions-League-Sieger ist weiterhin in allen Wettbewerben absolut im Soll und mit allen Chancen vertreten. Ob das Team von Hansi Flick dauerhaft einen solchen aufwändigen Lauf wie aktuell mit ebenso überschaubarem Kader beibehalten kann, wird sich andererseits erst noch zeigen.

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Ein prägendes Element der zweiten Amtszeit von Carlo Ancelotti als Real-Trainer, die jetzt schon als eine historische Erfolgsära gilt, ist die enorme Leidensfähigkeit, verbunden mit unerschütterlichem Glauben an die eigene Stärke. Dieses Real Madrid kann nachweislich mit Rückschlägen umgehen und Ruhe bewahren, und die Clásico-Niederlage ist zunächst nichts weiter als ein ärgerlicher und schmerzhafter Rückschlag. Es gibt nur wenige Gründe, am Trainer und seinem Team generell zu zweifeln, denn diesen Vertrauensvorschuss haben sich Ancelotti und seine Spieler in den vergangenen Jahren redlich verdient und erarbeitet. Aber sie dürfen sich darauf auch nicht ausruhen… Real Madrid als Verein ist längst gegen überzogene Reaktionen und blinden Aktionismus resistent und die aktuelle sportliche Situation ist, sachlich betrachtet, in keiner Weise besorgniserregend. Die Saison der Königlichen wird an gewonnen Titeln gemessen, Siege gegen den FC Barcelona sind zwar selbstredend immer auch ein emotionaler Faktor, aber für das eigene Selbstverständnis doch von sekundärer Bedeutung. Das 0:4 vom Samstagabend ist zweifelsohne eine schallende Ohrfeige, doch der Gesamteindruck ist bei Weitem nicht so negativ wie das reine Ergebnis.

Das 0:4 vom 20. März 2022 hingegen war ein peinlicher und unwürdiger Auftritt. Und dennoch ist er heute nichts weiter als eine kaum relevante Randnotiz, denn nachdem sich die Merengues damals kurz schüttelten, legten sie eine der spektakulärsten Kampagnen der CL-Geschichte hin. 2021/22 wird für immer für die großen Remontadas und das große Double stehen, an die Pleite gegen Barcelona wird sich bald kaum jemand überhaupt erinnern. So wie an das 2:3 2017, ebenfalls einer Double-Saison. Und auch 2016 (0:4) und 2014 (3:4) setzte es herbe Clásico-Pleiten zuhause, aber eben danach auch zwei Henkelpokale. Es spricht immer noch nichts dagegen, dass sich die Geschichte wiederholt. Abgerechnet wird bekanntlich erst ab März. Und vor allem am Wochenende vom 10./11. Mai, wenn das Rückspiel in Barcelona ansteht. Bis dahin heißt es Ruhe bewahren und ab und an Leidensphasen überstehen. Und kein Verein kann so leiden wie Real Madrid.

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