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Justus Pludra·6. Mai 2025
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Justus Pludra·6. Mai 2025
Seine Frisur ist ein Klassiker auf jeder Fußball-Mottoparty: Carlos Valderrama. Die orange-blonden Locken mit dem ikonischen Oberlippenbart sind Kult. Doch auch auf dem Platz setzte der Südamerikaner Maßstäbe, die aber nur selten mit Titeln belohnt wurden.
📸 STEVE ROSE
Valderrama gilt als bester kolumbianischer Fußballer aller Zeiten. Nicht obwohl, sondern gerade weil er nie bei einem absoluten Top-Klub spielte. Bereits sein gleichnamiger Vater war Fußballprofi und das runde Leder deshalb stets in seiner Nähe. Von einem Mitspieler seines alten Herren bekam es dabei auch seinen Spitznamen verpasst: El Pibe, das Kind.
Auch als er sich längst bei den Weltmeisterschaften 1990, 1994 und 1998 einen ikonischen Namen gemacht hatte, blieb diese Bezeichnung. Sein Spielstil strahlte es stets aus. Valderrama glänzte selten durch Tore, sondern lenkte das Spiel auf leisen Füßen als Dirigent aus dem Mittelfeld. Unter höchstem Druck zeichnete ihn eine Ruhe an der Kugel aus, die er seit seiner Kindheit mit sich trug.
Auf den Straßen seiner Heimatstadt Santa Marta habe er gelernt so zu spielen: "In der Nachbarschaft. Einfach kicken". El Pibe. Die kindliche Freude miteinander Fußball zu spielen. Vielleicht war es seine Heimatliebe, die ihn lange zögern ließ, die bekannte Umgebung zu verlassen. Erst 1988, mit 26 Jahren, wagte er den Schritt nach Europa.
📸 Doug Pensinger
Der HSC Montpellier sicherte sich die Dienste des leidenschaftlichen Schmuckträgers. Im ersten Jahr kam er kaum zum Zug. Beharrlicher Fleiß zahlten sich aber aus. In seiner zweiten Saison stieg die Spielzeit und mit ihm der Erfolg seines Klubs. Mit Montpellier gewann er 1989 den französischen Pokal. Es sollte sein einziger Titel in einem großen europäischen Fußballland bleiben.
Weil sie zusammen bei der WM 1990 für Furore gesorgt hatten, folgte Valderrama nach dem Turnier seinem Nationaltrainer Francisco Maturana nach Spanien zu Real Valladolid. Nach zwei schwierigen Jahren, samt Abstieg, wechselte er zurück in die kolumbianische Heimat.
Dort war er längst ein Volksheld. Nicht nur wegen der heroischen Leistungen beim interkontinentalen Wettbewerb in Italien zwei Jahre zuvor. Schon 1987, da noch im Trikot von Deportivo Cali, war Valderrama zu Südamerikas Fußballer des Jahres gewählt worden. Eine bemerkenswerte Auszeichnung zu einer Zeit, in der ein gewisser Diego Maradonna sich auf der Höhe seines Schaffens befand. 1993 wiederholte Valderrama das Kunststück sogar nochmal.
📸 STR
Sein Erfolgsgeheimnis? "Der Beste muss den Fußball lieben". Das tat er und am innigsten dort, wo ihm die Sympathien sicher waren. In Santa Marta steht eine riesige Statue zu seinen Ehren. In Deutschland galt er zeitweise als extravaganter Schauspieler. Beim letzten Vorrundenmatch seiner Kolumbianer gegen Deutschland brach der hartnäckige Zweikämpfer nach einem Duell dramatisch zusammen, nur um wenige Minuten wie das blühende Leben auf den Rasen zurückzukehren.
Dabei war sein Look das einzig Extravagante an ihm. Große Skandale leistete sich Valderrama trotz zahlreicher Versuchungen nie. Am meisten für Aufsehen sorgte er außerhalb seines geliebten Spiels mal, als er Drogen-Boss Pablo Escobar in dessen selbstgebautem Gefängnis besuchte. Um entspannt eine Runde zu kicken. El Pibe eben.
📸 Bongarts - 1990 Getty Images