Vorher nie CL gespielt! Wie ein Youngster sein Debüt im Finale gab | OneFootball

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Justus Pludra·31. Mai 2025

Vorher nie CL gespielt! Wie ein Youngster sein Debüt im Finale gab

Artikelbild:Vorher nie CL gespielt! Wie ein Youngster sein Debüt im Finale gab

Kurz vor Anpfiff übermannt ihn dann doch die Nervösität. Wie auch nicht? Es ist schließlich das verdammte Champions-League-Finale. Der Gegner siegessicher, sein Team hat noch nie den Henkelpott geholt und er muss bei seinem allersten Einsatz eine der besten Flügenzangen aller Zeiten im Schach halten - auf ungewohnter Position. Ohja, Ryan Bertrand ging am 20. Mai 2012 völlig zurecht der Stift.

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📸 Alex Livesey - 2012 Getty Images


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Um sich zu beruhigen, denkt der damals 22-Jährige daran, wie alles begann. "Ich hab mit meinen Brüdern immer WM gespielt, jeder gegen jeden, bei uns vor dem Haus gegen eine Wand, auf der stand: "Fußballspielen verboten." Nach dieser idyllischen Kindheit beginnt eine turbulente Reise bis in die propevolle Allianz Arena.

Mit 15 wird der Außenverteidiger vom FC Chelsea verpflichtet und durchläuft die Jugendakademie. Der Sprung in den Profikader will dann aber nicht auf Anhieb klappen. Über etliche Leihstationen erkämpft sich der Engländer schließlich seinen ersten PL-Einsatz für die Blues im April 2011. Gegen Birmingham wird Bertrand für Landsmann Ashley Cole eingewechselt. Ein knappes Jahr stehen die beiden in München gemeinsam auf dem Rasen.

Der erfahrene Cole beginnt als Linksverteidiger. Vor ihm bespielt Debütant Bertrand den Flügel. Eine Position, die er zuvor in einer Hand voll bedeutungsloser Ligaspiele bekleidet hat und ansonsten nur aus dem Training kennt. Ein Experiment auf Europas größter Bühne! So sehen das zumindest viele Experten und Fans. Nur der Architekt der Idee ist sich seiner Sache sicher.

"Es war kein Risiko", stellte Roberto di Matteo Jahre später klar. "Jeder sagte, ich hätte gepokert, aber als Trainer sieht man solche Kniffe nicht als Glücksspiel, weil es viel Sinn machte." Mit Cole und Bertrand wollte der Italo-Schweizer der ikonischen Angriffsseite von Bayern, bestehend aus Philipp Lahm und Arjen Robben, mit zwei gelernten Defensivkräften begegnen. Das funktionierte im Training gut - und klappte bekanntermaßen auch im CL-Finale.

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📸 ADRIAN DENNIS - 2012 AFP

Erst wenige Stunde vor Anpfiff weiht der spätere Schalke-Coach seinen Youngster in den Plan ein. Der fiel aus allen Wolken. "Ihr hättet sein Gesicht sehen sollen!", freute sich di Matteo im Nachhinein diebisch. "Er war geschockt, aber ich glaube er hat sich auch gefreut."

So oder so, Bertrand zahlt das in ihn gesetzte Vertrauen zurück. Als er nach 73 Minuten am Ende seiner Kräfte ausgewechselt wird, steht es es noch 0:0. Sein erster von nur insgesamt vier Einsätzen in der Königsklasse endet mit dem Henkelpott in den Händen - und einem Novum in der Tasche. Denn seit der Einführung der Champions League im Jahr 1992 hatte noch nie ein Spieler sein Startelfdebüt im Finale gegeben.

In der darauffolgenden Spielzeit kamen noch drei (Kurz-)Einsätze dazu, das war's in Europas Beletage. Denn die turbulenten Zeiten an der Stamford Bridge spülen auch den gebürtigen Londoner schneller als gedacht davon. Im September 2012 wird sein Vertrag noch um fünf Jahre verlängert. Bei theoretischem Ablauf des Kontrakts ist der 19-fache Nationalspieler schon über Aston Villa in Southampton gelandet.

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📸 Clive Rose - 2016 Getty Images

Die Saints blättern 2015, nach zwei Leih-Geschäften, schließlich auch knapp 13 Millionen Euro Ablöse für Bertrand hin. Für die Hafenstädter macht der CL-Champion noch 240 Premier-League-Partien, ehe er in Leicester seine Karriere ausklingen lässt und schließlich vor gut einem Jahr, mit 34 Jahren, beendet.

Vom Verletzungspech verfolgt trat der längst erfolgreiche Geschäftsmann von der Fußballbühne ab, wie er auch einer der größten von allen einst aufgetaucht war: Überraschend, aber fest entschlossen.


📸 PATRIK STOLLARZ - 2012 AFP